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Textkritik
Tẹxt|kri|tik 〈f. 20; unz.; Lit.〉 Prüfung eines schriftlich überlieferten Literaturwerkes, um seine ursprüngliche Fassung wiederherzustellen

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Tẹxt|kri|tik, die <Pl. selten> (Fachspr.):
philologisches Verfahren zur möglichst wortgetreuen Erschließung eines nicht erhaltenen ursprünglichen Textes mithilfe späterer überlieferter Fassungen.

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Tẹxtkritik,
 
philologische Methode der Geistes-, Rechts- und Religionswissenschaften (Philologie) zur kritischen Prüfung solcher Texte, deren Authentizität nicht gesichert ist oder von denen mehrere autographische Entwürfe oder Fassungen (Redaktionen) vorliegen. Die Analyse der Texte und ihrer Überlieferung soll zur Herstellung (Synthese) eines dem Original nahe stehenden Textes (Archetypus) oder zu einer vom Autor mutmaßlich intendierten Fassung insbesondere für die wissenschaftliche Textinterpretation führen. Der handschriftliche Text des Verfassers (Autograph), seine verschiedenen Fassungen, ferner Korrekturen, Druckfahnen, voneinander abweichende Auflagen oder Handschriften sind wichtiges Grundmaterial.
 
Die Texte der verschiedenen Handschriften beziehungsweise die anderen Zeugnisse (Autographen, Drucke, auch Übersetzungen oder Zitate in anderen Werken) werden in mehreren methodischen Schritten bearbeitet: 1) Heuristik, die Sammlung und Ordnung aller direkten und indirekten Textzeugnisse; 2) Kollation, der Vergleich der Zeugnisse im Hinblick auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede; 3) Rezension (recensio), die Sichtung und Ordnung der Ergebnisse der Kollation unter dem Gesichtspunkt der historischen Hierarchisierung und Bewertung der Lesarten (Varianten), die zur Ermittlung von als gesichert geltenden Textpassagen, von Abhängigkeitsverhältnissen zwischen den Zeugnissen (Erstellung eines Stemmas, eines Stammbaums der Filiation der Handschriften oder anderer Zeugnisse), zur Zusammenfassung von Zeugnissen zu Gruppen und eventuell zur Ausscheidung von Zeugnissen führen soll; 4) Examination (examinatio), der Vergleich der Lesarten mit dem Ziel, einen dem Original oder der mutmaßlich intendierten Fassung möglichst nahe stehenden Text zu erstellen, den Archetypus. Dabei geht man von einem oder mehreren »Leitzeugnissen« aus und zieht die übrigen Zeugnisse sowie Untersuchungen zu sprachlichen und inhaltlichen Eigentümlichkeiten regionaler, persönlicher, gruppen- oder epochenspezifischer Art gegebenenfalls hinzu, um Zweifelsfälle zu klären. Aufgrund der Tendenz von Handschriftenkopisten, Kommentatoren oder früheren Editoren, die Texte zu vereinfachen, gibt man der schwierigeren Lesart (lectio difficilior) ein besonderes Gewicht bei Entscheidungen zwischen Varianten; 5) Emendation (emendatio), die Verbesserung des durch Examination aus der Überlieferung gewonnenen Textes durch Verbesserung offensichtlicher Abschreib- beziehungsweise Druckfehler und durch Beseitigung von semantischen, syntaktischen oder formalen Ungereimtheiten (Korruptelen) mittels Vermutungen (Konjekturen) über ihre Entstehung und die passendere Form. Hierbei werden auch mutmaßliche spätere Ergänzungen (Interpolationen) beseitigt. Eine aufgrund der Textlage mit den genannten Mitteln nicht zu beseitigende Unstimmigkeit wird als »Crux« bezeichnet. Ein Sonderfall der Prüfung einer Textüberlieferung ist gegeben, wenn ein ganzer Text als unecht eingestuft wird, also dem zuvor vermuteten Autor abgesprochen wird. 6) Ist ein geprüfter und verbesserter Text erstellt, muss er für die Edition eingerichtet werden. Im Falle eines einfachen Lesetextes stellt sich hierbei die Frage, ob beziehungsweise inwiefern sprachliche Eigentümlichkeiten normalisiert, also dem aktuellen Stand angeglichen werden sollen. Bei einer kritischen Ausgabe werden die abweichenden Lesarten in einem Anmerkungsteil, dem kritischen Apparat, verzeichnet und in einem Kommentar erläutert, bei einer historisch-kritischen Ausgabe werden zudem die nachweisbaren Entstehungsstufen des Werks dokumentiert. Das letztere Verfahren wird v. a. in den neueren Philologien angewendet, die in der Regel auf Originaltexte zurückgreifen können und in denen daher das Schwergewicht der Editionsarbeit weniger auf der Textrekonstruktion als vielmehr auf der Dokumentation der Textentstehung liegt. Die genannten Verfahren der Textherstellung wurden hingegen v. a. von der klassischen und der mediävistischen Philologie entwickelt.

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Tẹxt|kri|tik, die <Pl. selten> (Fachspr.): philologisches Verfahren zur möglichst wortgetreuen Erschließung eines nicht erhaltenen ursprünglichen Textes mithilfe späterer überlieferter Fassungen.

Universal-Lexikon. 2012.