Cargo-Kulte
['kɑːgəʊ-; englisch »Schiffsladung«, »Fracht«], religiöse Bewegungen auf Neuguinea und in der melanesischen Inselwelt; seit Ende des 19. Jahrhunderts aus der Konfrontation der Urbevölkerung mit den zivilisatorischen Werten, v. a. aber den Handelsgütern der niederländischen, britischen und deutschen Kolonisatoren entstanden. Im Verständnis der Melanesier hatten die Ahnen ihnen diese Güter aus einer anderen Welt auf den Schiffen der Weißen geschickt, die sich die Ladung (»cargo«) jedoch unrechtmäßig angeeignet und den rechtmäßigen Empfängern vorenthalten haben. Um am »cargo« als dem für sie bestimmten Schlüssel zu Glück und Wohlstand teilzuhaben, entstanden bis in die jüngste Vergangenheit eine Vielzahl von Cargo-Kulten. Im Rückgriff auf Elemente der alten melanesischen Religionen (Beschwörungen, Zaubersprüche) sollte über bestimmte Rituale Zugriff auf das »cargo« erlangt werden. Getaufte Melanesier erstrebten die Teilhabe am »cargo« v. a. als äußeren Ausdruck ihrer Gleichrangigkeit mit den weißen Christen. Als potenzielle Umsturzbewegungen wurden die Cargo-Kulte von den Kolonialverwaltungen unterdrückt und gingen in großer Zahl (auch wegen nicht eingetretener Erwartungen) wieder unter. Die noch bestehenden Cargo-Kulte werden als Vermittler zwischen der traditionellen melanesischen Kultur und der Kultur europäischer Einwanderer gesehen.
Universal-Lexikon. 2012.