Chartịsmus
[tʃ-] der, -, erste politische Arbeiterbewegung in Großbritannien, die nach der für die lohnabhängigen Arbeiter enttäuschend ausgefallenen Wahlrechtsreform von 1832 entstand und nach der 1838 von W. Lovett (London Working Men's Association) formulierten »People's Charter« benannt wurde. Gefordert wurden u. a. allgemeines und geheimes Wahlrecht für Männer und jährliche Parlamentswahlen. Die Chartisten veranstalteten landesweit Demonstrationen und richteten wiederholt Petitionen (1842 mit 3 Mio. Unterschriften) an das Unterhaus, das ihre Forderungen jedoch ablehnte. Der Chartismus war zwar eine Massenbewegung mit eigenen Zeitungen, aber organisatorisch und im Hinblick auf die gesellschaftliche und wirtschaftliche Ordnung programmatisch zersplittert. Darüber hinaus war er politisch in einen gemäßigten und einen radikalen Flügel gespalten. Letzterer war auch bereit, Gewalt anzuwenden und Aufstandsversuche zu wagen, die jedoch niedergeschlagen wurden. Die Regierung reagierte mit der Verhaftung und Verbannung zahlreicher Chartistenführer. Als die letzte Massendemonstration 1848 in London stattfand, hatte der Chartismus, bedingt durch den wirtschaftlichen Aufschwung Ende der Vierzigerjahre, der der Arbeiterschaft einen höheren Lebensstandard brachte, bereits entscheidend an Rückhalt verloren. Seit Anfang der Fünfzigerjahre konzentrierte sich die Arbeiterschaft auf gewerkschaftliche Arbeit.
Chartist studies, hg. v. A. Briggs (London 1959);
M. Vester: Die Entstehung des Proletariats als Lernprozeß (1970);
D. V. Jones: Chartism and the Chartists (London 1975);
Chartism and society. An anthology of documents, hg. v. F. C. Mather (London 1980);
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Universal-Lexikon. 2012.