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eheähnliche Lebensgemeinschaft
I
eheähnliche Lebensgemeinschaft,
 
die nichteheliche Lebensgemeinschaft.
II
eheähnliche Lebensgemeinschaft,
 
das zumeist auf Dauer angelegte Zusammenleben von Mann und Frau ohne formelle Eheschließung. Während früher die eheähnliche Lebensgemeinschaft als »wilde Ehe« oder »Konkubinat« rechtlich und gesellschaftlich diskreditiert wurde, ist sie in neuerer Zeit zu einer weit verbreiteten und weithin tolerierten Erscheinungsform enger menschlicher Gemeinschaft geworden. Die Gründe für ein Eingehen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft und des Abwendens von der traditionellen Ehe sind unterschiedlich: Z. B. begünstigen finanzielle Motive die eheähnliche Lebensgemeinschaft bei älteren Partnern, die durch eine Wiederheirat bestehende Altersversorgungsansprüche verlieren würden; bei jüngeren Menschen mag die Abneigung gegen rechtliche Bindungen bei einer erst zu »erprobenden« Beziehung im Vordergrund stehen. Im Rechtlichen ist die Einordnung und Behandlung der eheähnlichen Lebensgemeinschaft problematisch, besonders im Hinblick auf die Möglichkeit ihres Auseinanderfallens. Ehe- beziehungsweise Ehescheidungsrecht sind nach gefestigter herrschender Meinung weder direkt noch entsprechend auf die eheähnliche Lebensgemeinschaft anwendbar, folglich findet weder ein Zugewinn- noch ein Versorgungsausgleich statt. Die rechtliche Situation der Kinder, deren Eltern nicht miteinander verheiratet sind, wurde durch das Kindschaftsrechtsreform-Gesetz vom 16. 12. 1997 neu gestaltet (nichteheliche Kinder).
 
Kommt es bei Auseinanderfallen der eheähnlichen Lebensgemeinschaft zu Streitigkeiten über die während ihres Bestehens erworbenen Gegenstände oder eingegangenen Verbindlichkeiten, bietet das bürgerliche Recht nur für den Fall gewisse Regelungen an, dass die eheähnliche Lebensgemeinschaft als voreheliches Dauerverhältnis im Sinne eines Verlöbnisses , also mit dem Eheversprechen begleitet, angesehen werden kann. Im Übrigen wendet die Gerichtspraxis häufig das Recht der Gesellschaft (§§ 705 ff. BGB) an, sodass nach Beendigung der eheähnlichen Lebensgemeinschaft das gemeinsame Vermögen (z. B. ein gemeinsam finanziertes Haus) aufzuteilen ist. Grundsätzlich gilt aber, dass die Gegenstände (z. B. der Hausrat) demjenigen gehören, der sie eingebracht oder erworben hat. Gemeinsam Verbrauchtes (z. B. die Haushaltungskosten) diente der Verwirklichung der eheähnlichen Lebensgemeinschaft, wird also nicht als Schenkung gewertet, die unter Umständen zurückgefordert werden könnte. Um diesen Eventualitäten zu begegnen, greifen die Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft vermehrt zu »Partnerschaftsverträgen«, die Regelungen für den Fall des Auseinandergehens vorsehen können, im Einzelfall allerdings formbedürftig sind (z. B. bei Absprachen über Grundbesitz). Auch für den Fall des Todes sind die Partner der eheähnlichen Lebensgemeinschaft zur Vorsorge genötigt, da das gesetzliche Erbrecht nicht zur Anwendung kommt.
 
An einigen Stellen berücksichtigen Gesetz und Verwaltung die eheähnliche Lebensgemeinschaft jedoch in einer Weise, die als unzulässige Ungleichbehandlung kritisiert wird: Gemäß § 122 Bundessozialhilfegesetz z. B. dürfen Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft nicht besser gestellt werden als Eheleute, wenn sie Leistungen beantragen, andererseits erfolgt die Besteuerung der Einnahmen von Mitgliedern einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft grundsätzlich nach den für Ledige gültigen Sätzen.
 
In Österreich rufen eheähnliche Lebensgemeinschaften zwar nicht die Wirkungen einer Ehe hervor (z. B. keine Unterhaltspflicht), werden aber zum Teil wie eine Ehe behandelt, z. B. in § 14 Absatz 3 Mietrechtsgesetz (Mietrecht des Lebensgefährten im Todesfall des anderen).
 
Eine gesetzliche Regelung der eheähnlichen Lebensgemeinschaft fehlt in der Schweiz, die vermögensmäßige Auseinandersetzung muss grundsätzlich nach den Normen über die Auflösung der einfachen Gesellschaft erfolgen. In Einzelfällen führt die eheähnliche Lebensgemeinschaft zum Erlöschen von Rentenansprüchen gegenüber dem früheren Ehepartner.
 
Literatur:
 
S. de Witt u. J.-F. Huffmann: Nichtehel. Lebensgemeinschaft (21986);
 E. M. von Münch: Zusammenleben ohne Trauschein (51993).

Universal-Lexikon. 2012.