Eisenverbindungen.
Eisen tritt in seinen Verbindungen in allen Oxidationsstufen von 0 bis +6 sowie in den Oxidationsstufen —1 und —2 auf. Wichtig sind v. a. die Eisenverbindungen mit den Wertigkeitsstufen +2 und +3; in den Wertigkeitsstufen —2 bis +2 liegt Eisen z. B. in Carbonylkomplexen u. a. Komplexverbindungen vor. Ältere Bezeichnung für die Eisen(II)-Verbindungen sind Ferrooxydulverbindungen oder Eisenoxydulverbindungen, für die Eisen(III)-Verbindungen Ferrioxidverbindungen oder Eisen.
Eisen(II)-oxid, FeO, ist ein schwarzes, sehr unbeständiges (pyrophores) Pulver, das z. B. bei der Reduktion von Eisen(III)-oxid mit Wasserstoff entsteht; es weist einen Überschuss an Sauerstoff auf und entspricht etwa der Formel Fe(0,90—0,95)O (»Wüstitphase«). Das Eisen(III)-oxid, Fe2O3, tritt in zwei Modifikationen auf. Am wichtigsten ist das rhomboedrische, paramagnetische α-Fe2O3, das in der Natur als Hämatit in verschiedenen Abarten (u. a. Eisenglanz, Rötel, Blutstein) vorkommt. Es wird auch beim Entwässern (Glühen) von Eisenoxidhydraten oder beim Rösten von Eisendisulfid (Pyrit) als orangerotes bis braunrotes Pulver, nach längerem Glühen als kristalline graue Masse gewonnen. Es ist sehr hart und wird als Poliermittel und als Pigment (Caput mortuum, Eisenpigmente) verwendet. Das kubische, ferromagnetische γ-Fe2O3 wird durch vorsichtiges Oxidieren von Eisen(II, III)-oxid gewonnen und zur Herstellung von Magnettonträgern verwendet. Beim Erhitzen auf über 300 ºC geht es in α-Fe2O3 über. Das Eisen(II, III)-oxid, Fe3O4 oder FeO · Fe2O3, kommt in der Natur als Magnetit (Magneteisenstein) vor. Es wird als schwarzes, ferromagnetisches Pulver beim Verbrennen von Eisenspänen an der Luft gewonnen (Hauptbestandteil des Hammerschlags) und als Schwarzpigment verwendet. Da es den elektrischen Strom gut leitet und gegen saure und alkalische Stoffe sowie gegen Chlor beständig ist, dient es ferner als Elektrodenmaterial.
Werden Eisen(II)-Salzlösungen unter Luftabschluss mit Lauge versetzt, so erhält man das Eisen(II)-hydroxid, Fe(OH)2, als weißen bis hellgrünen, flockigen Niederschlag. Es wird an der Luft rasch zu rotbraunem, amorphem Eisen(III)-hydroxid oxidiert, das auch beim Fällen aus Eisen(III)-Salzlösungen entsteht. Dieses hat formal die Zusammensetzung Fe(OH)3, besteht aber tatsächlich aus einem wasserreichen Gel der Formel Fe2O3 · x H2O (Eisenoxidhydrat). Beim Entwässern geht es in α-Fe2O3 (Hämatit) über. Zwei kristalline, in der Natur vorkommende Eisenoxidhydrate (Eisenoxidhydroxide) der chemischen Zusammensetzung FeO(OH) oder Fe2O3 · H2O sind der Goethit (Nadeleisenerz, α-Eisenoxidhydrat) und der Lepidokrokit (Rubinglimmer, γ-Eisenoxidhydrat). γ-Eisenoxidhydrat, FeO(OH), entsteht auch bei der Oxidation von Eisen in feuchter Luft, d. h. bei der Bildung von Rost. Eisenoxidhydrate mit unterschiedlicher Mengen an Hydratwasser, FeOOH · x H2O, liegen im Limonit (Brauneisen) vor. - In starken Laugen lösen sich die Eisenhydroxide etwas unter Bildung von Ferraten(II), Hexahydroxoferraten(II) mit dem Anion [Fe(OH)6]4-, und Ferraten(III), Hexahydroxoferraten(III) mit dem Anion [Fe(OH)6]3-. Durch gleichzeitige Einwirkung von Chlor und konzentrierter Alkalilauge auf Fe2O3 entstehen purpurrote Ferrate(VI) mit dem Anion FeO2-4. Manche Oxide zweiwertiger Metalle bilden mit Fe2O3 Doppeloxide vom Typus des Spinells, die (unrichtig) Ferrite genannt werden, z. B. MgFe2O4, Magnesiumferrit.
Beim Erhitzen von elementarem Eisen in Chlorwasserstoffgas entsteht weißes, sublimierbares Eisen(II)-chlorid, FeCl2. Das beim Lösen von Eisen in verdünnter Salzsäure gebildete Eisen(II)-chlorid kristallisiert aus der Lösung als blassgrünes Hexahydrat, FeCl2 · 6 H2O. Es wird u. a. als Reduktionsmittel verwendet. Wird Eisen im Chlorstrom erhitzt, so entsteht Eisen(III)-chlorid, FeCl3, in Form rotbrauner, metallisch glänzender, im Chlorstrom sublimierbarer Kristalle. Bei der Oxidation von Eisen(II)-chlorid-Lösungen erhält man Eisen(III)-chlorid-Lösungen, aus denen verschiedene Hydrate, z. B. das Hexahydrat, FeCl3 · 6 H2O, auskristallisieren. Beim Erhitzen dieser Produkte entsteht unter HCl-Abspaltung rotes Eisen(III)-oxidchlorid, FeOCl. Eisen(III)-chlorid dient u. a. als Oxidations- und Kondensationsmittel, in der Textilfärberei als Beizmittel und als Flockungs- und Fällungsmittel in der Wasseraufbereitung; wegen seiner adstringierenden Wirkung wird es auch zur Herstellung von blutstillender Watte (Eisenchloridwatte) verwendet. Weitere Halogenverbindungen sind das grüne Eisen(III)-fluorid, FeF3, und das braune Eisen(III)-bromid, FeBr3, beide aus den Elementen herstellbar.
Eisen(II)-sulfid, FeS, fällt aus Eisen(II)-Salzlösungen mit Ammoniumsulfid als grünlich schwarzer, in Säure löslicher Niederschlag aus. An feuchter Luft oxidiert es sich zu Eisen(III)-hydroxid und Schwefel. Technisch wird Eisen(II)-sulfid durch Zusammenschmelzen von Eisen und Schwefel hergestellt; es dient u. a. zur Schwefelwasserstofferzeugung im Laboratorium. In der Natur kommt Eisen(II)-sulfid als Magnetkies vor. Ein weiteres Eisensulfidmineral ist der aus Eisen(II)-disulfid, FeS2, bestehende Pyrit (Eisenkies, Schwefelkies); er dient zur Schwefelsäuregewinnung und Eisenherstellung. Das Eisen(III)-sulfid, Fe2S3, ist nur in Form von Doppelsulfiden beständig, z. B. im Kupferkies (Chalkopyrit). - Eisen(II)-sulfat, FeSO4, entsteht technisch beim Lösen von Eisenabfällen in Schwefelsäure. Es kristallisiert als hellgrünes, an der Luft unbeständiges Heptahydrat, FeSO4 · 7 H2O (Eisenvitriol), aus; in der Natur kommt es als Mineral Melanterit vor. Eisen(II)-sulfat ist das technisch wichtigste Eisensalz; es wird u. a. als Flockungsmittel zur Wasserreinigung, in der Gerberei, zur Desinfektion und Desodorierung von Abfallstoffen und zur Holzkonservierung verwendet. Das Doppelsalz Ammoniumeisen(II)-sulfat, (NH4)2Fe(SO4)2 (mohrsches Salz), ist an der Luft beständig und findet in der Maßanalyse Verwendung. Eisen(III)-sulfat, Fe2(SO4)3, entsteht beim Abrauchen von Eisen(III)-oxid mit konzentrierter Schwefelsäure als ein weißes Salz, das in Wasser unter Abscheidung brauner basischer Salze hydrolysiert; es dient v. a. zur Herstellung von Eisenalaunen, Doppelsalzen mit Sulfaten einwertiger Metalle (besonders Kaliumsulfat) oder mit Ammoniumsulfat, die u. a. in der Färberei als Beizmittel verwendet werden.
Beim Nitrierhärten von Stahl bildet Eisen mit Stickstoff Eisennitrid, FeN2, eine graue, äußerst harte Substanz. Bei den Salzen des Eisens mit Salpetersäure sind das hellgrüne Eisen(II)-nitrat, Fe(NO3)2 · 6 H2O, und das fast farblose Eisen(III)-nitrat, Fe(NO3)3 · 6 (oder 9) H2O, bekannt; Verwendung findet v. a. das Eisen(III)-nitrat z. B. als Beize in der Baumwollfärberei. - Mit Phosphor bildet Eisen Eisenphosphide unterschiedlicher Zusammensetzung, u. a. FeP, Fe2P, die v. a. im Ferrophosphor (Ferrolegierungen) vorliegen, der als Zusatzlegierung bei der Gusseisen- und Stahlerzeugung verwendet wird. Das Eisen(II)-phosphat ist eine weiße, in Wasser unlösliche Verbindung, die mehrere Hydrate bildet; das Octahydrat, Fe3(PO4)2 · 8 H2O, kommt in der Natur als Mineral Vivianit vor.
Mit Kohlenstoff bildet Eisen das auch Zementit genannte Eisencarbid, Fe3C, eine harte, sehr spröde, orthorhombisch kristallisierende Substanz, die als chemischer Gefügebestandteil von Stahl auftritt. Das Eisen(II)-carbonat, FeCO3, fällt aus Eisen(II)-Salzlösungen bei Zugabe von Alkalicarbonaten als weißer Niederschlag aus, der an der Luft leicht unter Bildung von Eisen(III)-hydroxiden oxidiert wird. In der Natur kommt Eisen(II)-carbonat als Siderit (Eisenspat, Spateisenstein) vor. In kohlensäurehaltigen Wässern löst sich Eisen(II)-carbonat unter Bildung von Eisen(II)-hydrogencarbonat, Fe(HCO3)2, das auch Bestandteil vieler Grundwässer und Mineralwässer (Eisensäuerlinge) ist. Derartige Wässer scheiden bei Luftzutritt Eisen(III)-hydroxidhydrate aus, die zu einer Braunfärbung des Wassers führen. - Mit Silicium bildet Eisen Eisensilicide unterschiedlicher Zusammensetzung, u. a. FeSi, Fe2Si, die v. a. im Ferrosilicium (Ferrolegierungen) vorliegen, das in der Stahlindustrie als Legierungszusatz sowie als Desoxidationsmittel verwendet wird. Die Eisensalze der Kieselsäure, Eisensilikate, sind im Gemisch mit anderen Silikaten als gesteinsbildende Minerale weit verbreitet.
Eine v. a. in der chemischen Analyse wichtige Eisenverbindung ist das Eisenrhodanid, Fe(SCN)3; es entsteht aus Eisen(III)-Salzlösungen bei Zugabe von Alkalirhodaniden als intensiv rot gefärbte, lösliche, mit Äther extrahierbare Substanz, die zum empfindlichen Eisennachweis dient.
Unter den Eisen(II)-Komplexverbindungen und Eisen(III)-Komplexverbindungen finden sich viele Verbindungen, die sich durch besondere Beständigkeit auszeichnen. Mit Cyanidionen entstehen aus Eisen(II)-Salzen die Hexacyanoferrate(II) mit dem Anion [Fe(CN)6]4- und aus den Eisen(III)-Salzen die Hexacyanoferrate(III) mit dem Anion [Fe(CN)6]3-, deren Kaliumsalze als gelbes beziehungsweise rotes Blutlaugensalz bekannt sind. Die Hexacyanoferrationen reagieren mit vielen Kationen unter Bildung schwerlöslicher Niederschläge, z. B. bildet sich mit Kupferionen das rotbraune Kupferhexacyanoferrat(II), Cu2[Fe(CN)6)]. Das entsprechende Zinksalz wird zur maßanalytischen Bestimmung des Zinks benutzt. Eisen(II)-hexacyanoferrat(III), Fe3[Fe(CN)6]2, und Eisen(III)-hexacyanoferrat(II), Fe4[Fe(CN)6]3, sind intensiv blau gefärbte Niederschläge, die zum Nachweis des Eisens geeignet sind. Sie wurden als Berliner Blau und Turnbulls Blau bekannt und werden heute unter der Bezeichnung Eisencyanblau als Farbpigment verwendet (Eisenpigmente); ihre intensive Färbung rührt von der gleichzeitigen Anwesenheit zweier Wertigkeitsstufen des gleichen Elements und einem dadurch möglichen Elektronenaustausch her (Charge-Transfer-Komplex). Wird eine Cyangruppe im Hexacyanoferrat(II) durch eine andere Gruppe ersetzt, so entstehen die Prussiate, z. B. das Natriumnitrosylprussiat, »Nitroprussidnatrium«, Na2[Fe(CN)5NO] · 2 H2O, das in der analytischen Chemie zum Nachweis von Sulfidionen verwendet wird.
Mit Kohlenmonoxid bildet Eisen mehrere Carbonylkomplexe (Carbonyle). Eisenpentacarbonyl, Fe(CO)5, ist eine gelbe Flüssigkeit vom Siedepunkt 103 ºC, die aus fein verteiltem Eisen und Kohlenmonoxid bei 100-250 bar und 150-220 ºC entsteht. Durch thermische Zersetzung von Eisenpentacarbonyl entsteht sehr reines Carbonyleisen. Weitere Eisencarbonyle sind das Dieisennonacarbonyl, Fe2(CO)9, und das Trieisendodecacarbonyl, Fe3(CO)12; sie bilden gelbe beziehungsweise tiefgrüne Kristalle. - Zu den Sandwichverbindungen gehört das Dicyclopentadienyleisen, Ferrocen, Fe(C5H5)2, eine orangefarbene, unzersetzt sublimierbare Verbindung, in der das Metallatom zwischen den beiden parallel angeordneten C5H5-Ringmolekülen unter Einbeziehung der π-Elektronen der Doppelbindungen eingebettet vorliegt.
Universal-Lexikon. 2012.