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Fronleichnamsspiel
Fronleichnamsspiel,
 
eine Form des geistlichen Dramas, die sich aus den spätmittelalterlichen Fronleichnamsprozessionen entwickelte. Da ein überlieferter Geschichtsstoff beim Fronleichnamsfest fehlte, wählte man, oft unter Benutzung von Mythologie und Allegorie, geistliche Gespräche der Apostel und Propheten, Bilder aus der Passion oder auch die ganze Heilsgeschichte. Fronleichnamsspiele waren seit dem 14. Jahrhundert besonders in England verbreitet; überliefert sind u. a. die »York plays«, »Wakefield mysteries«, »Chester plays«, der »Ludus Coventriae«. Die einzelnen Szenen wurden jeweils auf Wagen gespielt, die bei der Prozession mitgeführt wurden; an jeder Station wurden alle Szenen gespielt. Später baute man längs des Prozessionsweges hölzerne Gerüste auf, an jeder Station wurde nun nur noch eine Szene gespielt. Schließlich ging man zur Simultanbühne über. - Das älteste Fronleichnamsspiel im deutschsprachigen Raum ist das Fronleichnamsspiel von Neustift in Südtirol (1391), das auch dem Fronleichnamsspiel von Bozen zugrunde liegt (um 1470); auf das Bozener Fronleichnamsspiel zurückzuführen ist das Fronleichnamsspiel von Freiburg im Breisgau (1516). Bedeutend ist das Fronleichnamsspiel von Künzelsau (1479). Besondere Eigenart des italienischen Fronleichnamsspiels (u. a. Viterbo, 1462) ist der szenische Prunk, dem gegenüber der Text an Bedeutung verliert. Seine literaturgeschichtlich bedeutsamste Ausprägung hat das Fronleichnamsspiel in Spanien erfahren, wo es als »Auto sacramental« (Auto) oder »Auto del Corpus Christi« bis weit in die Neuzeit lebendig war.
 
Literatur:
 
E. Wainwright: Studien zum dt. Prozessionsspiel (1974).

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Fron|leich|nams|spiel, das (Literaturw.): (im späten MA.) am Fronleichnamstag aufgeführtes ↑Spiel (6), bei dem, unter Einbeziehung von Mythologie u. Allegorie, geistliche Gespräche der Apostel u. Propheten sowie Bilder aus der ↑Passion (2 a) od. der gesamten Heilsgeschichte auf der Bühne dargestellt werden.

Universal-Lexikon. 2012.