Guillaume
[gi'joːm],
1) Charles Édouard, französischer Physiker schweizerischer Herkunft, * Fleurier (Kanton Neuenburg) 15. 2. 1861, ✝ Sèvres 13. 6. 1938. Nach Studien an der ETH Zürich (heute ETHZ) trat Guillaume 1883 in das Bureau International des Poids et Mesures ein, dessen Direktor er 1915-36 war. Nach Untersuchungen zum Quecksilberthermometer beteiligte sich Guillaume an der Herstellung der »nationalen Meter« (1889), einer Sammlung von standardisierten Metern, die in den einzelnen Ländern die Rolle des Urmeters übernahmen. Er entwickelte Nickellegierungen (Invar, Elinvar), deren Ausdehnung und Elastizität praktisch temperaturunabhängig sind. Diese fanden v. a. im Uhrenbau weite Verwendung. Guillaume erhielt 1920 den Nobelpreis für Physik.
2) Eugène, französischer Bildhauer, * Montbard (Département Côte-d'Or) 4. 7. 1822, ✝ Rom 1. 3. 1905. Seine besten Leistungen sind Porträtbüsten (sieben Napoleonbüsten, 1867). Er schuf auch Architekturplastik (u. a. Figurengruppe »Die Musik« an der Fassade der Pariser Oper, 1867). Sein Spätwerk trägt klassizistische Züge.
3) Günter, Agent, Oberst der NVA (seit 1981), * Berlin 1. 2. 1927, ✝ Petershagen/Eggersdorf (Landkreis Märkisch-Oderland) 10. 4. 1995; kam 1956 im Auftrag des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR (MfS) in die Bundesrepublik Deutschland; 1970 gelangte er als Mitglied der SPD (seit 1957) in das Bundeskanzleramt und wurde im Oktober 1972 persönlicher Referent (in Parteiangelegenheiten) des Bundeskanzlers W. Brandt. Am 24. 4. 1974 als Spion verhaftet, wurde er am 15. 12. 1975 zu 13 Jahren Freiheitsstrafe u. a. wegen schweren Landesverrats verurteilt, am 1. 10. 1981 im Austauschverfahren in die DDR entlassen und war dort u. a. in der Agentenausbildung des MfS tätig. - Vor dem Hintergrund der »Affäre Guillaume« legte Brandt am 7. 5. 1974 sein Amt als Bundeskanzler nieder; 1994 erschienen postum seine »Notizen zum Fall G«.
Universal-Lexikon. 2012.