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heilige Schriften
heilige Schriften,
 
die Aufzeichnungen und Sammlungen religiöser Texte, die von einer Religionsgemeinschaft anerkannt (kanonisiert) sind. Je nach der Eigenart der betreffenden Religion enthalten sie Mythen, Lehrreden des Religionsstifters, Ritualbestimmungen, ethische Gebote und Rechtssatzungen. Manche Religionen nehmen die Präexistenz der heiligen Schriften vor seiner Offenbarung an: so bestand nach indischem religiösen Denken (Brahmanismus) der Veda, noch ehe ihn die Seher (»rischi«) der Vorzeit erschauten und überlieferten. Ähnliches gilt vom Koran, den der Erzengel Gabriel dem Propheten Mohammed nach und nach übermittelt haben soll. Den nachfolgenden Generationen wurden heilige Schriften immer schwerer verständlich; so entstand die neue Literaturgattung der Kommentare, die den Wahrheitsgehalt einer heiligen Schrift den Zeitgenossen nahe zu bringen suchten; in den alten Texten bringen sie dabei nicht selten neue religiöse Ideen zum Ausdruck. Angesichts der Fülle neu auftretender ethischer und religiöser Probleme füllten - besonders in den gesetzlich orientierten Religionen - »Traditionen« die in den heiligen Schriften notwendig vorhandenen Lücken aus. Quellen der Offenbarung wurden dann hinfort Schrift und Tradition, oft mit abgestufter Verbindlichkeit. Bisweilen, v. a. in der Mystik, wuchs eine religiöse Richtung, die nur die innere subjektive Offenbarung anerkennt, über die heiligen Schriften ihrer überlieferten Religion hinaus: so lehnt etwa der Zen-Buddhismus jede heilige Schrift ab und gründet sich allein auf die eigene religiöse Erfahrung. Die späten Upanishaden lehnen zwar den alten Veda nicht unbedingt ab, betrachten ihn aber doch nur als »niederes Wissen«, demgegenüber sie die Erkenntnis des Ewigen als »höheres Wissen« lehren. - Hinduismus: Bhagavadgita; Buddhismus: Suttapitaka, Tipitaka; Parsismus: Avesta; Sikhismus: Adigrantha; Judentum: hebräische Bibel, Talmud; Christentum: Bibel.
 
Literatur:
 
J. Leipoldt u. S. Morenz: H. S. (Leipzig 1953);
 G. Lanczkowski: H. S. Inhalt, Textgestaltung u. Überlieferung (1956);
 
Kanon u. Zensur, hg. von A. u. J. Assmann (1987).

Universal-Lexikon. 2012.