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Intelligenz.
Intelligenz.
 
Trotz enormer, von der empirischen Psychologie in den letzten 100 Jahren unternommener Anstrengungen liegt bis heute keine allgemein anerkannte Definition der Intelligenz vor. Setzt man Intelligenzmaße und Maße für Schulleistungen miteinander in Beziehung, so erhält man regelmäßig positive Korrelationskoeffizienten von zumeist mittlerer Größe. Bislang kann mit keinem anderen Merkmal schulischer Lernerfolg derart gut vorausgesagt werden wie mithilfe der Testintelligenz; Intelligenz ist daher auch schon als »schulische Lernfähigkeit« definiert worden. Nachdem A. Binet 1905 im Auftrag der französischen Schulverwaltung eine Untersuchungsmethode für die Platzierung schwach begabter Kinder in speziellen Klassen entwickelt hatte, wurden Intelligenztests häufig zur Vorhersage des Schulerfolgs konstruiert und entsprechend normiert. W. Stern definierte Intelligenz als allgemeine geistige Anpassungsfähigkeit an neue Aufgaben und Bedingungen des Lebens, während D. Wechsler unter Intelligenz die globale Befähigung eines Individuums verstand, »zweckvoll zu handeln, vernünftig zu denken und sich erfolgreich mit seiner Umwelt auseinander zu setzen«. P. R. Hofstätter definierte die Intelligenz dagegen informationstheoretisch, als Fähigkeit zum Auffinden von Ordnungen und Regelhaftigkeiten im überzufälligen Neben- und Nacheinander von Ereignissen.
 
Bei den zahlreichen Definitionsversuchen werden im Wesentlichen vier Aspekte unterschieden: 1. Intelligenz ist eine Begabung (oder eine Gruppe von Begabungen), die Lebewesen in unterschiedlichem Maße besitzen können; 2. Intelligenz ist die Fähigkeit zur Lösung konkreter und abstrakter Probleme sowie zur Bewältigung neuartiger Situationen; 3. durch die Intelligenz erübrigt sich oft das Lernen durch Versuch und Irrtum; 4. Intelligenz ist die Fähigkeit zur Erfassung, Deutung und Herstellung von Sinnzusammenhängen.
 
Weite Bereiche der Intelligenzforschung befassen sich mit der Struktur und den unterscheidbaren Komponenten der Intelligenz. So führen Erklärungsversuche der regelmäßig feststellbaren Korrelationen zwischen bestimmten Untertests eines Intelligenztests zu grundlegenden Strukturannahmen der Intelligenz (Intelligenz-Struktur-Modelle), wobei spezielle, aus empirischen Untersuchungen abgeleitete Faktormodelle eine zentrale Rolle spielen (Faktorenanalyse). Am bekanntesten geworden ist die von C. Spearman entwickelte Zweifaktorentheorie, der zufolge sämtliche intellektuellen Leistungen auf einen gemeinsamen allgemeinen Intelligenzfaktor (General factor, g-Faktor) und auf einen für die jeweilige intellektuelle Leistung spezifischen Faktor (Specific factor, s-Faktor) zurückgehen.
 
Thurstone selbst isolierte und beschrieb sieben Primärfähigkeiten (Primary mental abilities): Sprachverständnis, Wortflüssigkeit, Rechengewandtheit, räumliches Denken, Auffassungsgeschwindigkeit, Merkfähigkeit und schlussfolgerndes Denken.
 
Diese unterschiedlichen Auffassungen veranlassten die Intelligenzdiagnostik, häufig auf die Angabe eines globalen Intelligenzmaßes (etwa eines Intelligenzquotienten) zu verzichten und stattdessen die Ermittlung mehrerer nahezu unabhängiger Messwerte anzustreben, die sich jeweils nur auf eine Intelligenzdimension beziehen, zu einem Intelligenzprofil verknüpft werden können und differenzierte Aussagen über die Intelligenzstruktur und die Intelligenzentwicklung eines Kindes oder Jugendlichen ermöglicht.
 
Im Laufe der Zeit sind immer mehr Primärfaktoren (bis zu 120 bei J. P. Guilford) isoliert worden, wobei sich v. a. die Dimensionen kulturbedingte oder kristallisierte Intelligenz (Wortverständnis, Umgang mit Zahlen und allgemeines Wissen) sowie biologische oder flüssige Intelligenz (induktives Denken, assoziatives Gedächtnis) als psychologisch, aber auch pädagogisch bedeutsam erwiesen haben.
 
Im Unterschied zu den auf Korrelationskoeffizienten basierenden faktorenanalytischen Vorgehensweisen liefern in neuerer Zeit Komponentenanalysen wichtige Hinweise auf Struktur und Funktion des kognitiven Apparates wie auch auf individuelle intellektuelle Unterschiede. In den letzten Jahren rücken zudem die etwaige Eingebundenheit der Intelligenz in neurochemische Prozesse und eventuelle Veränderungen der Intelligenz im Alter in den Blickpunkt der Intelligenzforschung.

Universal-Lexikon. 2012.