Kulturprotestantismus,
eine Richtung innerhalb des Neuprotestantismus, die besonderen Wert darauf legte, die Kirche mit der modernen Kultur zu verbinden. Der Kulturprotestantismus, der einen kirchenfeindlichen Liberalismus ebenso ablehnte wie den kirchlichen Konfessionalismus, wurde v. a. vom Deutschen Protestantenverein vertreten, der eine Erneuerung der evangelischen Kirche im Geiste protestantischer Freiheit und im Einklang mit der gesamten Kulturentwicklung anstrebte. Anstöße zu dieser Entwicklung kamen v. a. von den Vertretern der liberalen Theologie, wobei die Tübinger theologische Schule unter dem Einfluss der Geschichtsphilosophie G. W. F. Hegels führend war. Eine grundlegende Infragestellung erfuhr der Kulturprotestantismus durch die dialektische Theologie (v. a. durch K. Barth), die dessen weitgehende Identifizierung einer christlich begründeten Kultur mit dem Reich Gottes ablehnte und den prinzipiellen Unterschied der Offenbarung Gottes gegenüber jeder menschlicher Kultur (einschließlich der Religion) herausstellte.
G. Hübinger: K. u. Politik. Zum Verhältnis von Liberalismus u. Protestantismus im wilhelmin. Dtl. (1994).
Universal-Lexikon. 2012.