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La Bruyère
La Bruyère
 
[labry'jɛːr], Jean de, französischer Schriftsteller, * Paris 16. 8. 1645, ✝ Versailles 10. oder 11. 5. 1696; war kurze Zeit Advokat, seit 1684 Erzieher eines Enkels des Fürsten Louis II. de Condé, und widmete sich später ganz seinen literarischen Studien. Als ein Höhepunkt der Moralistik und der literarischen Porträtkunst gilt sein Hauptwerk »Les caractères de Théophraste, traduits du grec, avec des caractères ou les mœurs de ce siècle« (1688; deutsch »Die Charaktere oder die Sitten im Zeitalter Ludwigs XIV.«). Ursprünglich als Übersetzung von Theophrasts Werk angelegt, trat diese in den späteren Auflagen zunehmend hinter den eigenen Charakterbildern, Maximen und Reflexionen zurück, die ein lebendiges Bild der Pariser Gesellschaft gegen Ende der Herrschaft Ludwigs XIV. vermitteln und die - ohne die Grundlagen absolutistischer Ordnung anzutasten - bei insgesamt pessimistischer Grundhaltung zum Teil scharfe und psychologisch subtile Zeit- und Sozialkritik erkennen lassen. Neuartig ist dabei die Wiedergabe des Details, das mit seiner hintergründigen Anschaulichkeit an die Stelle des ausgesparten begrifflichen Urteils tritt.
 
Ausgaben: Œuvres complètes, herausgegeben von J. Benda (Neuausgabe 1984).
 
Die Charaktere oder die Sitten des Jahrhunderts, herausgegeben von G. Hess (51978).
 
Literatur:
 
P. Richard: La B. et ses »Caractères«. Essai biographique et critique (Neuausg. Paris 1965);
 
Recueil des textes et des documents contemporains relatifs à La B., hg. v. G. Mongrédien (Paris 1979);
 J. Brody: Du style à la pensée. Trois études sur »Les Caractères« de La B. (Lexington, Ky., 1980).
 

Universal-Lexikon. 2012.