Lancelot
[französisch lãs'lo, englisch, 'lɑːnslət], Lạnzelot, Ritter der Tafelrunde des sagenhaften Königs Artus, der in Liebe zu Guinevere (Ginevra), der Gattin Artus', entbrennt. Chrétien de Troyes gestaltete (um 1177-81) den Lancelotstoff v. a. unter Akzentuierung der Minneidee. Nach einem verlorenen anglonormannischen Gedicht dichtete Ulrich von Zatzikhoven nach 1194 seinen »Lanzelet«, in dem allerdings die Thematisierung des Minnedienstes Lancelots um die Königin fehlt. Bedeutend für die Verbreitung des Lancelotstoffes und dessen Aufnahme in Artuszyklen wie die italienisch »Tavola ritonda« (1391) und T. Malorys »Le morte Darthur« (vollendet 1469/70, gedruckt 1485) war die französische Prosafassung »Lancelot du lac ou Lancelot propre« (um 1250), deren Erweiterungen durch die »Estoire del Sainte Graal« und die »Estoire de Merlin« jedoch keinen Eingang in die wohl um 1250 entstandene deutsche Fassung, die als der erste deutsche Prosaroman gilt, fanden. Auf diesem Werk (wahrscheinlich mehrerer Verfasser) basiert ferner der ebenfalls in Prosaform gedichtete »Lanzelot« U. Füetrers (1467), der auch die Vorlage für dessen strophischen »Lanzelot« (zwischen 1484 und 1487) war. Von der Beliebtheit des Stoffes zeugen zahlreiche Handschriften und deren Verbreitung in ganz Europa.
Die spätere Literatur greift dagegen nur einzelne Elemente des Lancelotstoffes auf, so das Motiv des Frauenhelden als Gegenstand moralischer Entrüstung in C. M. Wielands Drama »Geron der Adelige« (1777); E. Stuckens Drama »Lanzelot« (1909) gestaltet die Figur des Lancelot in tragischem Konflikt zwischen Guinevere und Amfortas' Tochter Elaine. Ironische Behandlung erfährt der Stoff in J. Erskines Roman »Galahad, enough of his life to explain his reputation« (1926) und im Drama J. Cocteaus »Les chevaliers de la table ronde« (1937). In der als Totalitarismuskritik konzipierten Märchenkomödie »Drakon« (1944) von J. Schwarz ist Lancelot ein Drachentöter; dieses Stück liegt der Oper »Lanzelot« von P. Dessau (Uraufführung 1969; Libretto Heiner Müller) zugrunde.
W. Haug: »Das Land, von welchem niemand wiederkehrt«. Mythos, Fiktion u. Wahrheit in Chrétiens »Chevalier de la Charette«, im »Lanzelet« Ulrichs von Zatzikhoven u. im »L.«-Prosaroman (1978).
Lancelot
[lãs'lo], Claude, französischer Theologe und Linguist, * Paris 1616, ✝ Quimperlé (Département Finistère) 15. 4. 1695; Jansenist und seit 1653 Professor für Griechisch und Mathematik in Port-Royal. Außer theologischen Werken verfasste er nach neuartigen didaktischen Prinzipien angelegte Lehrbücher zur lateinischen, griechischen, spanischen und italienischen Grammatik. Ferner war er Mitarbeiter an der 1660 zusammen mit A. Arnauld und P. Nicole herausgegebenen Grammatik von Port-Royal.
Universal-Lexikon. 2012.