Mikrowellentechnik,
Höchstfrequenztechnik, Teilgebiet der Elektrotechnik, das sich mit der Erzeugung, Verstärkung, Weiterleitung und Anwendung von Mikrowellen befasst. Die Mikrowellentechnik ist von der Wellenlänge her zwischen Hochfrequenztechnik und Optik angesiedelt; sie ist besonders dadurch gekennzeichnet, dass die sonst in der Elektrotechnik angewandte Technik konzentrierter Schaltelemente im Allgemeinen nicht mehr anwendbar ist, da die Abmessungen der Bauelemente in der Größenordnung der Wellenlänge und darüber liegen. Die Ausbreitungseffekte der Wellen müssen in einer mehr von den elektromagnetischen Feldern als von Spannungen und Strömen ausgehenden Betrachtungsweise berücksichtigt werden. Außerdem ist in Elektronenröhren und Halbleiterbauelementen die Laufzeit der Elektronen zu berücksichtigen, da sie im Größenordnungsbereich der Periodendauer der Mikrowellen liegt. Zur Erzeugung von Mikrowellen dienen Mikrowellen-Halbleiterbauelemente und (v. a. für größere Leistungen) Mikrowellenröhren. Die verwendeten Röhren sind Laufzeitröhren, z. B. Klystron, Magnetron, Wanderfeldröhre. Für Kleinsignalanwendungen und Steuerzwecke sind die Röhren jedoch durch Halbleiterbauelemente und spezielle integrierte Schaltungen (MIC, MMIC) verdrängt. Mikrowellenoszillatoren lassen sich mit Mikrowellentransistoren, Impatt-Dioden oder Gunn-Dioden aufbauen. Anstelle der bei niedrigeren Frequenzen verwendeten, aus Spule und Kondensator aufgebauten Schwingkreise werden hier Resonatoren eingesetzt, die z. B. als Mikrostreifenleitung, Hohlraumresonator oder Topfkreis ausgeführt sein können. Als Verstärker für den Mikrowellenbereich eignen sich neben der Hochfrequenztechnik entlehnten, konventionellen Bauelementen spezielle Mikrowellenverstärker, z. B. Maser, parametrische Verstärker, Tunneldiodenverstärker, die sich durch geringes Eigenrauschen auszeichnen. Als Leistungsverstärker (für Leistungen zwischen 1 und etwa 100 Watt) kommen Schaltungen mit Mikrowellentransistoren, für höhere Leistungen bis in den MW-Bereich Elektronenröhren infrage. Zu unterscheiden ist hier zwischen Dauerstrichbetrieb und Impulsbetrieb. Die leitungsgebundene Übertragung von Mikrowellen erfolgt bis circa 1 GHz auf Koaxialleitungen, darüber im Allgemeinen mittels Hohlleiter. Ferner gibt es Verzweigungen, z. B. magisches T, Richtkoppler und Bauelemente mit richtungsabhängigen Übertragungseigenschaften, z. B. den Zirkulator.
Als Detektoren dienen Halbleiterdioden; diese werden häufig auch zum Mischen oder Modulieren von Mikrowellensignalen eingesetzt. Zur schnellen Feinabstimmung von Resonatoren und parametrischen Verstärkern benutzt man Varaktoren. Mikrowellenschalter werden bei kleinen Leistungen durch PIN-Dioden verwirklicht, für hohe Leistungen durch Ferrite und langsamere elektromechanische Schalter.
Die wichtigsten Anwendungen der Mikrowellentechnik sind: Nachrichtenverkehr über Richtfunkverbindungen (Richtfunktechnik) auf der Erde (nur bei optischer Sichtverbindung möglich) und über Satelliten (die Erdatmosphäre ist bis etwa 10 GHz aufwärts durchlässig, unter etwa 1 GHz stört das galaktische Rauschen), Flugfunkverkehr, Radar, Funknavigation, Landeführungssysteme, Erdmessung (Satellitengeodäsie), Hochfrequenzspektroskopie (in der Molekül-, Atom- und Kernphysik) und hochpräzise Frequenznormale. In den großen Beschleunigern der Hochenergiephysik erhalten die geladenen Elementarteilchen ihre Energie beim Durchqueren von Mikrowellenresonatoren. Parabolspiegelförmige Mikrowellenantennen erlauben wegen der kleinen Wellenlänge bei relativ kompakten Abmessungen eine scharfe Richtungsbestimmung beim Senden und beim Empfang. Hierdurch erreicht man nicht nur eine hohe Ersparnis an der für einen störarmen Empfang notwendigen Sendeenergie, sondern auch das störfreie Nebeneinanderarbeiten mehrerer Übertragungsstrecken auf der gleichen Frequenz. In der Nachrichtentechnik ist den Mikrowellen allerdings ein teilweise überlegener Konkurrent in der Lichtleitertechnik erwachsen. Beim Radar und in der Radioastronomie wird die Richtschärfe der Antennen unmittelbar ausgenutzt. Mikrowellenenergie wird auch in der Wärmetechnik angewendet (Mikrowellenerwärmung).
E. Pehl: M., 2 Bde. (21988-89).
Universal-Lexikon. 2012.