Philly-Sound
[englisch/amerikanisch, 'fɪlɪsaʊnd], auch Philadelphia-Sound, Bezeichnung für die nach dem Motown-Sound der Sechzigerjahre ab etwa 1972 von Philadelphia ausgehende zweite große, den amerikanischen Musikmarkt überschwemmende Soulmusik-Welle (Soul), die sich, wie auch der Motown-Sound, durch ein charakteristisches Klangstereotyp auszeichnete. Die Bezeichnung ist abgeleitet von den Philly Sigma Sound Studios, die zu den 1971 von dem farbigen Autoren- und Produzententeam Kenny Gamble (* 1943) und Leon Huff (* 1942) unter Schirmherrschaft der CBS (Musikindustrie) gegründeten Philadelphia International Records gehörten. Hier entstand mit einer festen Mannschaft von Studiomusikern, unter denen einige als MFSB Band (Mothers, Fathers, Sisters, Brothers) auch mit selbstständigen Produktionen hervortraten, unter Leitung von Gamble und Huff sowie Thom Bell (* 1943) als Arrangeur die aufnahme- und arrangiertechnische Klangschablone des Philly-Sound. Dessen auffallendstes Kennzeichen waren die üppigen Arrangements, mit denen die Soul-Stilistik in eine leicht konsumierbare und perfekt verpackte Fließbandware umgewandelt wurde. In der Rekordzeit von nur einem Jahr entwickelten sich die Philadelphia International Records damit zu dem nach dem Motown-Konzern größten von Farbigen geführten Musikunternehmen in den USA. Zum Markenzeichen wurde ein technisch makelloses Klangbild, das trotz seiner Fülle ein Höchstmaß an Transparenz aufwies. Das Schlagzeug, ergänzt durch Marimba und Vibraphon als Rhythmusinstrumente, erhielt eine überdimensionierte klangliche Präsenz und kontrastierte mit einem rhythmisch filigranen Streicher-Background (Background), gegen den die übrigen Instrumente sowie die Singstimme aufnahmetechnisch scharf abgesetzt waren. An die Stelle der 2-4-Betonung im Soul trat ein gleichmäßig pulsierender, federnder Achtelbeat (Beat), der den um die Mitte der Siebzigerjahre folgenden Discosound vorbereitet hat. Zum Erfolg verhalfen dem Philly-Sound Sänger und Gesangsgruppen wie Harold Melvin and the Blue Notes (»If You Don't Know Me By Now«, 1972), The O'Jays (»Love Train«, 1973), Billy Paul (* 1934, »Me and Mrs. Jones«, 1972) und The Three Degrees (»When Will I See You Again«, 1974). Nachahmer fand dieses Soundmodell dann bei allen wichtigen Produzenten schwarzer Musik, unter anderem mit Gloria Gaynor (* 1947, »Never Can Say Goodbye«, 1974) und Barry White (* 1944, »Can't Get Enough of Your Love, Babe«, 1974).
Universal-Lexikon. 2012.