Akademik

Rauchgasentschwefelung
Rauchgas|entschwefelung,
 
technisches Verfahren zur Entfernung von Schwefeloxiden (d. h. SO2 und SO3) aus Rauchgasen. Der Schwefelgehalt eines Rauchgases hängt vom Schwefelgehalt des Brennstoffs (Steinkohle im Mittel 1,5 %) und vom Schwefelbindungsgrad der Asche (bei Steinkohle 5 %, bei Braunkohle 10-40 %) ab. Die Rauchgasentschwefelung erfolgt meist in getrennten Anlagen, die als Rauchgasentschwefelungsanlagen (REA) bezeichnet werden. Bei Kraftwerken haben Waschverfahren (Absorption) mit Suspensionen von Kalkhydrat (Löschkalk) oder Kalkstein weltweit die größte Bedeutung. Bei diesen Nassverfahren werden die Rauchgase in Sprühtürmen mit der verdüsten Waschsuspension behandelt. Dabei laufen folgende Reaktionen ab:
 
Durch Zugabe von Luft wird das gebildete Calciumsulfit zu Calciumsulfat (Gips) oxidiert:
 
Gips aus der Rauchgasentschwefelung (REA-Gips) ist mit Naturgips vergleichbar und wird in der Bauindustrie an dessen Stelle eingesetzt. Durch moderne Nassverfahren kann je nach Schwefelgehalt des Brennstoffs ein Entschwefelungsgrad von über 95 % (SO2-Restemission 50-400 mg/m3 Rauchgas) erreicht werden. Andere Verfahren arbeiten statt auf Calciumbasis mit NH3, Oxiden, Hydroxiden oder Carbonaten von Na und Mg.
 
Verfahren mit Magnesiumoxidsuspension oder Natriumsulfitlösung führen zu Magnesiumsulfit beziehungsweise Natriumhydrogensulfit, die durch Erhitzen unter Rückbildung des Magnesiumoxids beziehungsweise Natriumsulfits ein Schwefeldioxid-Reichgas abgeben, das zu Schwefelsäure oder Schwefel für die chemische Industrie weiterverarbeitet werden kann. Das NH3-Verfahren arbeitet mit Ammoniaklösung unter Bildung von Ammoniumsulfat, das als Düngemittel Einsatz findet.
 
Bei Sprühabsorptionsverfahren wird die mit der Calciumhydroxidsuspension eingetragene Feuchte so niedrig dosiert, dass die Rauchgastaupunkttemperatur bei voller Verdunstung der Suspension und Abkühlung der Rauchgase nicht unterschritten wird. Da kein Abwasser anfällt, wird dieses Verfahren auch als Halbtrockenverfahren bezeichnet. Das Rauchgasentschwefelungsnebenprodukt enthält größtenteils Calciumsulfit und - je nach Anlagenanordnung - in vielen Fällen auch Flugasche.
 
Einige Trockenverfahren verwenden keine Suspension, sondern Feststoff-Absorptionsmittel. Diese Verfahren werden auch als Trockenadditivverfahren bezeichnet. Bei Feuerungen mit Verbrennungstemperaturen bis etwa 1 100 ºC können durch Einarbeiten in den Brennstoff oder Einblasen von Kalksteinmehl oder Kalkhydrat in den Feuerraum (z. B. bei Wirbelschichtfeuerungen), in getrennte Wirbelschichtreaktoren oder in den Rauchgaskanal vor Gewebefiltern Entschwefelungsgrade bis 85 % erreicht werden. Die staubförmigen Reaktionsprodukte lassen sich zusammen mit dem Flugstaub in einem gemeinsamen oder in getrennten Filtern abscheiden. Bei allen Rauchgasentschwefelungsverfahren mit Absorptionsmitteln werden neben den Schwefeloxiden auch Halogenwasserstoffe abgeschieden.
 
Weitere Trockenverfahren arbeiten mit als Adsorptionsmittel wirkenden Substanzen (großtechnich z. B. Aktivkoks), an die das Schwefeldioxid vorübergehend gebunden, aus dem Rauchgas entfernt und anschließend durch Erwärmen oder Auswaschen wieder freigesetzt wird. Bei einem mit Aktivkoks arbeitenden Verfahren gelingt es, das Schwefeldioxid (SO2) aus den Rauchgasen (bei etwa 120 bis 150 ºC) nahezu vollständig zu entfernen; das durch Erhitzen aus dem Aktivkoks ausgetriebene SO2 wird anschließend z. B. zu Schwefelsäure verarbeitet. Das Verfahren ist teilweise zum Simultanverfahren ergänzt worden. Dabei wird in einem weiteren Aktivkoksreaktor NOx mit NH3 wie im SCR-Reaktor (Reaktor für selektive katalytische Reduktion), aber bei Temperaturen von 90 bis 150 ºC umgesetzt. (Rauchgasentstickung)
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Rauch: Die Verminderung seiner Schadstoffe
 
Abtrennung gasförmiger Luftverunreinigungen
 

* * *

Rauch|gas|ent|schwe|fe|lung, die: technisches Verfahren zur Reduktion bes. von Schwefeldioxid in Rauchgasen.

Universal-Lexikon. 2012.