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Reichenau
Reichenau,
 
Name von geographischen Objekten:
 
 1) Reichenau, Insel im Bodensee, Baden-Württemberg; die flache, bis 45 m über den Seespiegel (439 m über dem Meeresspiegel) ansteigende, 4 km2 große Insel im Untersee ist im Osten durch einen 1 km langen Damm mit dem Festland verbunden. Gute Böden sowie die Klimagunst lassen einen ertragreichen Anbau von Gemüse, v. a. Frühgemüse (Gewächshäuser, genossenschatliche Beregnungsanlagen), Wein und Getreide zu; außerdem Fischzucht und bedeutender Fremden-(Ausflugs-)Verkehr. Als Gemeinde (Landkreis Konstanz) mit 4 800 Einwohnern umfasst Reichenau noch fünf Gemarkungsteile auf dem Festland (u. a. mit dem psychiatrischen Landeskrankenhaus); Heimatmuseum. - Das Benediktinerkloster Reichenau, vom heiligen Pirmin 724 auf der von Karl Martell geschenkten Bodenseeinsel gegründet, erlangte bald große Bedeutung. Seine Blütezeit erlebte das Reichskloster im 9. und 10. Jahrhundert; es war ein Zentrum ottonischer Kultur und Wissenschaft (Reichenauer Malerschule). 1535 wurde es dem Bistum Konstanz einverleibt, 1757 aufgehoben und 1803 säkularisiert. - Erhalten sind drei Kirchen: Das doppelchörige Münster Sankt Maria und Sankt Markus in Mittelzell, eine romanische Pfeilerbasilika mit zwei Querschiffen, wurde nach einem Vorgängerbau im Wesentlichen im 9., Ende des 10. (Langhaus) und im 11. Jahrhundert errichtet; hervorzuheben sind der 1048 geweihte Westbau (Umbauten im 12./13. Jahrhundert), der offene Dachstuhl (13. Jahrhundert) und der gotische Chorneubau (1447-77) mit Maßwerkfenstern. Die ehemalige Stiftskirche Sankt Peter und Paul in Niederzell ist eine doppeltürmige romanische Säulenbasilika des 11./12. Jahrhunderts (auf Vorgängerbau); unter dem bei der Barockisierung (1756/57) aufgetragenen Putz konnte in der Apsis ein romanischer Freskenzyklus (12. Jahrhundert) freigelegt werden. Die ehemalige Stiftskirche Sankt Georg in Oberzell, eine flach gedeckte karolingische Säulenbasilika mit Krypta und Vierungsturm (9./10. Jahrhundert) sowie Westhalle (11. Jahrhundert), besitzt den größten erhaltenen Zyklus ottonischer Monumentalmalerei (um 990). - Die Klosterinsel Reichenau wurde als ein »herausragendes Zeugnis von der religiösen und kulturellen Rolle eines großen Benediktinerklosters im Mittelalter« von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.
 
Literatur:
 
Die Abtei R. Neue Beitrr. zur Gesch. u. Kultur des Inselklosters, hg. v. H. Maurer (1974);
 
Mönchtum, Episkopat u. Adel zur Gründungszeit des Klosters R., hg. v. A. Borst (1974);
 
Die Gründungsurkunden der R., hg. v. P. Classen (1977);
 W. Berschin: Eremus u. Insula. St. Gallen u. die R. im MA. (1987);
 A. Zettler: Die frühen Klosterbauten der R. (1988);
 H. Glönkler: Vom Weinbau zum Gemüsebau auf der R. Die Insel der Gärtner, Winzer u. Fischer, ihre Genossenschaften (1991);
 W. Erdmann: Die R. im Bodensee. Gesch. u. Kunst (101993).
 
 2) Reichenau, polnisch Bogatỵnia, 1945-47 Rychwałd ['rixvau̯d], Stadt in der Woiwodschaft Niederschlesien (bis 1998 in der aufgelösten Woiwodschaft Jelenia Góra [Hirschberg]), Polen, 248 m über dem Meeresspiegel, 19 200 Einwohner; Handels- und Wohnzentrum des Türchauer Braunkohlengebietes; Braunkohlenbergbau (Wärmekraftwerk in Türchau; 2 000 MW); Textil- und Nahrungsmittelindustrie.
 
Geschichte:
 
Reichenau, vermutlich im 13. Jahrhundert gegründet, zur Oberlausitz und zu Sachsen gehörend. 1945 kam Reichenau unter polnischer Verwaltung, die Zugehörigkeit zu Polen wurde durch den Deutsch-Polnischen Grenzvertrag vom 14. 11. 1990 anerkannt. Reichenau ist seit 1945 Stadt.
 
 3) Reichenau an der Kněžna [- 'knjɛʒna], tschechisch Rychnov nad Kněžnou ['rixnɔv 'nadknjɛʒnɔu̯], Stadt im Ostböhmischen Gebiet, Tschechische Republik, am Südfuß des Adlergebirges, 11 700 Einwohner.
 
Stadtbild:
 
Ehemalige Tuchmacherstadt mit malerischen Häusern; oberhalb der Stadt das barocke Schloss (1676-90; Gemäldesammlung, Möbel, Wandteppiche, Bibliothek) und (mit diesem verbunden) die Kirche der Heiligen Dreifaltigkeit (1594-1602, Umbauten 18./19. Jahrhundert).
 
 4) Reichenau an der Rạx, Marktgemeinde im Bezirk Neunkirchen, Niederösterreich, 485-680 m über dem Meeresspiegel, am Fuß der Rax, Großgemeinde im Tal der Schwarza und ihres Nebenflusses Preiner Bach, umfasst 89 km2, 3 100 Einwohner; Luftkurort; Bergbau- und Heimatmuseum; Kartonagenwerk; Fremdenverkehr, von Hirschwang Seilbahn auf die Rax.
 
Geschichte:
 
Der in der Nähe in vorgeschichtlicher Zeit betriebene Kupfererzbergbau lebte im 16. Jahrhundert wieder auf.
 

Universal-Lexikon. 2012.