Tertullian,
eigentlich Quintus Septimius Florens Tertullianus, frühchristlicher Apologet und ältester lateinischer Kirchenschriftsteller, * Karthago um 160, ✝ ebenda 222 (?). Mit der Stoa vertraut und juristisch geschult, setzte er sich nach seinem Übertritt zum Christentum (195) - dabei auch entschiedene Gegenpositionen zur heidnischen Philosophie einnehmend - in über 30 (erhaltenen) Schriften mit fast allen zentralen Problemen der frühchristlichen Kirche auseinander und wirkte prägend auf Verständnis und Terminologie von Christologie, Sakramenten- und Trinitätslehre. Er verteidigte gegen die Gnostiker die Bedeutung des Körperlichen, das allein wirklich sei, sodass er auch die Seele als Körper ansah (»De anima«); er verstand die Religionsfreiheit als Recht des Individuums und hob die Ungültigkeit der von Häretikern gespendeten Taufe hervor (»De baptismo«; Ketzertaufstreit). In mehreren polemischen Schriften wandte sich Tertullian besonders gegen die Anhänger der Gnosis und Marcions sowie gegen Doketismus (»De carne Christi«) und Monarchianismus (»Adversus Praxean«). Seine Schriftauslegung berücksichtigte neben der gängigen allegorischen und typologischen Methode auch Zeitumstände und Textzusammenhang. In der Beurteilung praktischer Fragen des Gemeindelebens (Ehe, Gebet, Buße, Martyrium) und in seinen asketischen Schriften zeigt sich eine Neigung zum Rigorismus, die ihn schließlich zum Bruch mit der Großkirche und zum Übertritt zum Montanismus veranlasste (205).
Ausgaben: Opera, herausgegeben von A. Reifferscheid, 5 Teile (1890-1957).
Ausgewählte Schriften, übersetzt von K. A. H. Kellner, 2 Bände (Neuausgabe 1912-15).
J. Klein: T. Christl. Bewußtsein u. sittl. Forderungen. Ein Beitr. zur Gesch. der Moral u. ihrer Systembildung (1940, Nachdr. 1975);
H. Hagendahl: Von T. zu Cassiodor. Die profane literar. Tradition in dem lat. christl. Schrifttum (Göteborg 1983);
T. Barnes: T. A historical and literary study (Neuausg. Oxford 1985);
G. Haendler: Von T. bis zu Ambrosius. Die Kirche im Abendland vom Ende des 2. bis zum Ende des 4. Jh. (41992).
Universal-Lexikon. 2012.