Volksfeste,
seit Ende des 18. Jahrhunderts Bezeichnung für große örtliche oder regionale Feiern und Feste, heute v. a. für öffentliche Festveranstaltungen mit temporären Verkaufs- und Vergnügungseinrichtungen, in der Regel unter freiem Himmel und/oder in Zelten, gebunden an bestimmte Termine und Orte oder Regionen. Häufig haben sich Volksfeste aus städtischen Jahrmärkten (Messen) entwickelt, deren Besucher nach Bewirtung und Unterhaltung verlangten und die früh schon fahrendes Volk anlockten, woraus sich die Verbindung von Verkaufsbetrieben, Schankstätten und Rummelplätzen ergab. Die wichtigsten Märkte in ländlichen Gebieten fanden am Jahrestag der Kirchweihe statt (Kirchweih); Festanlässe waren außerdem der Abschluss der Ernte (Erntefest) und die Treffen der Schützengilden (Schützenfeste). Die Volksfeste der Städte entwickelten sich oft aus Zunft- und Standesfesten der Handwerker (Fischerstechen, Schwerttanz, Schäferlauf) und dem Bedürfnis des Bürgertums nach Repräsentation (z. B. Festumzüge). Anlässe seit dem Mittelalter waren auch Fürstenbesuche, Krönungen, Hochzeits- und Geburtsfeiern im Hause der Landesherrschaft. Z. Z. der Spätaufklärung und Frühromantik suchte die Obrigkeit Feste zur Förderung der Landwirtschaft sowie aus volkserzieherischen Gründen zu organisieren, die folkloristischen Elemente (z. B. Trachten, Volkstänze) einbezogen und somit pflegten (z. B. Münchener Oktoberfest, heute das bekannteste deutsche Volksfest). Mit dem Historismus des 19. Jahrhunderts erlangten Gedenktage an entscheidende Ereignisse der vaterländischen Geschichte (Schlachten, Friedensschlüsse) Bedeutung und gaben den Volksfesten eine stark patriotische, zum Teil auch eine sozialpolitische Ausrichtung. Im 20. Jahrhundert begleiten organisierte Volksfeste in Form von Heimatfesten, Umzügen, Königinwahlen u. a. zunehmend den Jahreslauf. Nach 1945 entstanden auch neue Volksfeste, zum Teil mit lokalhistorischer Sinngebung, zum Teil zur Belebung des Fremdenverkehrs (Blüten-, Winzer-, Burgenfeste), die v. a. der Förderung der lokalen Identität dienen. (Fest)
I. Weber-Kellermann: V. in Dtl. (1981);
Universal-Lexikon. 2012.