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Na|tur|ge|setz 〈n. 11〉 Regel, nach der ein Geschehen in der Natur verläuft
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Na|tur|ge|setz, das:
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Naturgesetz,
eine erfahrungsgemäß sich immer wieder bestätigende, aus dem Naturgeschehen abgeleitete Regel; im engeren Sinn ein allgemein anerkannter Lehrsatz einer Naturwissenschaft, d. h. eine Aussage, die bei Vorliegen gewisser experimentell prüfbarer Bedingungen Voraussagen über das Eintreten anderer Erscheinungen gestattet.
Der Begriff Naturgesetz (lateinisch lex naturae) trat erstmals in der Scholastik auf. Im Zuge der Säkularisierung des Naturbegriffs entwickelte sich die Vorstellung, dass die Natur selber nach Gesetzen handle. J. Kepler formulierte als Erster Naturgesetze im modernen Sinn (keplersche Gesetze), I. Newton entwickelte die erste umfassende Theorie im Sinne der heutigen Physik. G. Galilei erörterte methodologische Probleme, D. Hume und I. Kant verwiesen auf Fragen wie die der Anwendbarkeit von Induktionsschlüssen und die der Abhängigkeit der Naturerkenntnis von allgemeinen Vernunftprinzipien. R. Descartes' Überlegungen ließen den hypothetischen Charakter von Naturgesetzen erkennen. Mit der Überwindung des Mechanismus in der Physik gewannen wissenschaftsphilosophische Überlegungen an Gewicht, die sich in den modernen Wissenschaftstheorien des Wiener Kreises und seiner Gegner sowie der Nachfolger beider Schulen weitgehend verselbstständigten. R. Carnap und H. Reichenbach versuchten mit wahrscheinlichkeitstheoretischen Mitteln Grade der Verifizierbarkeit von physikalischen Gesetzen zu definieren. Im Falsifikationismus K. R. Poppers sind Naturgesetze gegen Widerlegungsversuche erfolgreiche Sätze. Die Diskussion verschiebt sich dann von einzelnen Naturgesetzen auf vollständige Theorien (I. Lakatos). Nach T. S. Kuhn sind Naturgesetze durch ihre faktische Anerkennung unter Fachwissenschaftlern legitimiert und können unter Vorgabe andersartiger Grundbegriffe (»Paradigmen«) durch neue Naturgesetze abgelöst werden. Eine andere Tradition führte über den Konventionalismus H. Poincarés und den kritischen Voluntarismus H. Dinglers zum Konstruktivismus (P. Lorenzen u. a.), der nach Abtrennung nichtempirischer Messtheorien (Protophysik) die Abhängigkeit der weniger natur- als technikwissenschaftlich aufgefassten physikalischen Gesetze von kulturhistorischen Einflüssen rational zu rekonstruieren versucht.
In der Chemie wird der Begriff Naturgesetz entweder wie in der Physik bestimmt, oder er ist unerheblich; in der Biologie bilden sich gegen mechanistische Auffassungen gerichtete, nicht mehr an der Physik orientierte Alternativen heraus. Ob die Psychologie, wenigstens in Teilbereichen, Naturgesetze formuliert, ist umstritten.
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Na|tur|ge|setz, das: ↑Gesetz (2).
Universal-Lexikon. 2012.