Bạ̈n|kel|sang 〈m.; -(e)s; unz.; im 17./18. Jh.〉 einförmiger, kunstloser Vortrag von Liedern über meist schaurige Ereignisse, bes. auf Jahrmärkten
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Bạ̈n|kel|sang, der; -[e]s:
das Singen von Bänkelliedern [als Kunstform, Darbietungsform].
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I Bänkelsang,
auf Jahrmärkten seit dem 17. Jahrhundert geübter Vortrag aktueller Lieder über Grauen erregende Vorkommnisse (Moritat) unter Verwendung gemalter Bilderserien, auf die der auf einer kleinen Bank (»Bänkel«) stehende Bänkelsänger beim Singen wies; auch fliegende Blätter mit Text und Bildern wurden bei diesen Vorträgen oft verkauft. Vorläufer im 15./16. Jahrhundert war das Zeitungslied. Der Bänkelsang hatte bis in die neueste Zeit Einfluss auf Dichtung (Ballade) und Kleinkunst (Kabarett).
L. Petzold: B. (1974);
L. Petzold: Die freudlose Muse (1978);
K. Riha: Moritat, Bänkelsong, Protestballade (21979);
B. Texte, Bilder, Kommentare, hg. v. W. Braungart (1985);
E. Koolman: Bänkellieder u. Jahrmarktdrucke (1990).
II
Bänkelsang,
Form des populären Liedes, die im 17. Jahrhundert aus den mittelalterlichen Flugblattliedern hervorgegangen ist. Die Bezeichnung geht auf den Begriff Bänkel zurück, eine Verkleinerungsform von Bank, auf die die Sänger stiegen, wenn sie auf Straßen und Plätzen ihre Lieder zu Gehör brachten. Der Bänkelsang hatte sowohl eine Informations- wie eine Belehrungsfunktion. Die Lieder behandelten aktuelle Ereignisse von allgemeinem Interesse wie Katastrophen, Verbrechen, Hinrichtungen usw. und schlossen mit einer moralisierenden Sentenz, die den Hörern die Schlussfolgerungen für das eigene Verhalten nahe brachte. Als Grundlage wurden Choralmelodien oder Kirchenlieder verwendet, auf die die Bänkelsänger ihre Verse dichteten. Ihren Vortrag, zu dem sie sich auf Harfe, Violine, später auch Drehorgel begleiteten, ergänzten und verdeutlichten sie mit großen Bildtafeln. Diese stellten die besungenen Ereignisse in ihren wichtigsten Phasen dar, auf die sie jeweils passend zu den Liedstrophen mit einem Stock zeigten. Auf Jahrmärkten hielt sich die Form des Bänkelsangs noch vereinzelt bis in die ersten Jahrzehnte unseres Jahrhunderts, wobei man die Lieder inzwischen als Moritat bezeichnete (wohl von Mordtat abgeleitet, die unter den berichteten Ereignissen mittlerweile dominierte). Im Kabarett der Zwanzigerjahre erlebte der Bänkelsang in einer literarisierten Form noch einmal eine Renaissance, wobei so bedeutende Dichter wie Ringelnatz, Brecht, Kästner und Wedekind die Verse lieferten.
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Bạ̈n|kel|sang, der; -[e]s: das Singen von Bänkelliedern [als Kunstform, Darbietungsform].
Universal-Lexikon. 2012.