So|li|dar|ność 〈[-nɔʃ] f.; -; unz.〉 polnischer Gewerkschaftsverband [poln., „Solidarität“]
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Solidạrność
[-nɔɕtɕ; polnisch »Solidarität«], Dachorganisation unabhängiger polnischer Gewerkschaften. Nach einer Streikwelle im Juli/August 1980 und dem Danziger Abkommen (31. 8. 1980 zwischen Danziger Streikkomitee und Regierung konstituierte sich im September 1980 der Niezależny Samorządny Związek Zawodowy »Solidarność« (Abkürzung NSZZ »Solidarność«; deutsch Unabhängiger, sich selbst verwaltender Gewerkschaftsverband »Solidarität«, kurz Solidarność genannt); zum Vorsitzenden wurde im selben Monat L. Wałęsa gewählt (bis 1990 in dieser Funktion). Am 24. 10. 1980 erreichte die Solidarność ihre Registrierung, am 10. 11. 1980 ihre gerichtliche Bestätigung. Innerhalb weniger Monate wurde der Gewerkschaftsverband zur Massenbewegung für eine Demokratisierung Polens, der sich rd. 10 Mio. Mitglieder anschlossen. Obwohl das Danziger Abkommen parteipolitischer Neutralität der Gewerkschaften festlegte, entwickelte sich Solidarność zu einer politischen Bewegung, die das kommunistische Herrschaftssystem grundsätzlich infrage stellte. Nach der unter sowjetischem Druck zustande gekommenen Verhängung des Kriegsrechts (13. 12. 1981 wurde die Solidarność unterdrückt, später (8. 10. 1982 offiziell verboten, Solidarność-Vertreter wurden interniert. Im Untergrund und im Ausland bestand die Solidarność jedoch weiter. Sie wurde zum wichtigsten Akteur der kontrollierten politischen Umgestaltung Polens, die am »Runden Tisch« (Februar-April 1989) durch Vereinbarungen zwischen Regierung/PZPR und Vertretern der Opposition eingeleitet wurde. Am 17. 4. 1989 wurde die Solidarność wieder legalisiert; aufgrund der übernommenen politischen Verantwortung (Vertretung in Parlament und Regierung) und der damit verbundenen Zurückhaltung (Streikverzicht) konnte sie (1990) nur noch rd. 2 Mio. Mitglieder binden. Der Erfolg der Bürgerkomitees bei den Wahlen zum Sejm und Senat (4./18. 6. 1989), die Ernennung von T. Mazowiecki zum Ministerpräsident (24. 8. 1989) und die Wahl von L. Wałęsa zum Staatspräsidenten (9. 12. 1990 Amtsantritt am 22. 12. 1990) verdeutlichten ihre Doppelfunktion als Gewerkschaft und politische Bewegung. Der Aufbau eigenständiger Parteien (zum Teil aus der Sejm-Fraktion der Solidarność) und die Neuwahlen zum Sejm (Oktober 1991) verstärkten wieder ihre gewerkschaftliche Funktion. Der dritte Solidarność-Kongress (Februar 1991) wählte den Pragmatiker Marian Krzaklewski (* 1950) zum neuen Vorsitzenden (1995, 1997 und 1998 im Amt bestätigt). Die von ihm 1996 unter Einbeziehung von rd. 30 kleinen Parteien gegründete Wahlaktion der Solidarność (polnisch Akcja Wyborcza Solidarność, Abkürzung AWS) gewann die Parlamentswahlen vom 21. 9. 1997. Bis 2001 unter Ministerpräsident J. Buzek Regierungspartei (ab Juni 2000 in einem Minderheitskabinett), bildete die AWS, von der sich mehrere Gruppierungen wieder trennten und sich (gemäß einer Bestimmung der neuen Verfassung von 1997) am 17. 5. 2001 auch die Gewerkschaft Solidarność löste, im Mai 2001 zusammen mit der Bewegung für den Wiederaufbau Polens (polnisch Ruch Odbudowy Polski, Abkürzung ROP) die Wahlaktion Solidarität der Rechten (polnisch Abkürzung AWSP); diese erhielt bei den Parlamentswahlen vom 23. 9. 2001 nur 5,6 % der Stimmen und verfehlte als Listenbündnis damit sogar den Einzug ins Parlament.
»Solidarność«. Die poln. Gewerkschaft »Solidarität« in Dokumenten, Diskussionen u. Beitrr. 1980 bis 1982, hg. v. B. Büscher u. a. (1983);
J. Holzer: »Solidarität«. Die Gesch. einer freien Gewerkschaft in Polen (1985).
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Polen: Der Weg zur parlamentarischen Demokratie
Universal-Lexikon. 2012.