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Volksmusik
Vọlks|mu|sik 〈f. 20; unz.〉 im Volk entstandene u. überlieferte, landschaftl. unterschiedliche Musik: Volkslied, Volkstanz u. Musik mit alten, volkstüml. Instrumenten (Alphorn, Hackbrett usw.)

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Vọlks|mu|sik, die:
im Volk überlieferte u. von ihm ausgeübte Musik von nationaler od. landschaftlicher Eigenart.

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Volksmusik,
 
gehört mit ihren beiden wichtigsten Erscheinungsformen, dem Volkslied und dem Volkstanz, zu den wesentlichsten musikalischen Quellen der populären Musik, von der sie sich hauptsächlich durch ihre lokale und regionale Bindung, die mündliche Tradierung und das weitgehende Zusammenfallen von Musikausübung und -aneignung, also das Fehlen des Vortrags- und Darbietungscharakters, unterscheidet. Volksmusik ist damit ein bestimmtes historisches Entwicklungsstadium massenhafter Musikpraxis, das mit der Durchsetzung der auf die industrielle Großproduktion begründeten Lebensweise, der scharfen Teilung von Arbeitszeit und Freizeit sowie den damit einsetzenden neuartigen Reproduktionsbedürfnissen der Arbeitskraft durch die populäre Musik abgelöst wurde. Die Grenzen sind hier freilich nicht nur fließend, so wie sich auch die Formen der Lebensweise miteinander vermischen und zwischen Stadt und Land erheblich voneinander unterscheiden können, sondern durch oft langandauernde Übergangsprozesse mit historischen Zwischenformen wie dem städtischen Straßenlied (Gassenhauer) gekennzeichnet. Das macht eine genaue Bestimmung von Volksmusik außerordentlich schwierig, zumal schon der durch das Bürgertum aufgebrachte Begriff dafür zu einer Reihe von Missverständnissen Anlass gibt, immer wieder Neubewertungen erfahren hat, die ihn nahezu unbrauchbar machen. Gemeint ist mit ihm ja mitnichten die Musik des »Volkes« — ein ebenfalls schon problematischer Begriff in diesem Zusammenhang, sondern lediglich die Musikpraxis der unteren sozialen Schichten und dabei wiederum meist diejenigen Formen, die den bürgerlichen Wertvorstellungen vom »Volk« am ehesten entsprachen. Als Johann Gottfried Herder (1744-1803) vor dem Hintergrund des sich herausbildenden bürgerlichen Nationalbewusstseins 1773 den Begriff »Volkslied« mit seiner Sammlung »Stimmen der Völker in Liedern« prägte, ging er von einem nationalen Volksverständnis aus, das für die bürgerliche Volksmusikforschung richtungsweisend geblieben ist. Nicht als Volksmusik anerkannt und als solche gesammelt wurden damit die Lieder, die in die politischen Auseinandersetzungen ihrer Zeit einbezogen waren, durch ihren eindeutigen sozialen Bezug der Suche nach einer nationalen Identität entgegenstanden. Der Begriff »Volkstanz« kam sogar erst im 20. Jahrhundert auf, als Gegenbegriff zu Gesellschaftstanz.
 
Auch wenn die vom europäischen Bürgertum geprägten ideologischen Implikationen dieser Begriffe unbedingt mitzudenken sind, was ihre Übertragung auf die Kulturen Asiens oder Afrikas etwa unmöglich macht, beziehen sie sich natürlich auf eine historisch reale Erscheinungsform von Musikpraxis, die aus der ständischen Gliederung des Musiklebens im frühen Mittelalter hervorgegangen ist und in Tanz und Lied ihre Hauptformen besitzt. Das ständische Organisationsprinzip feudaler Gesellschaftsordnung mit seinen klaren sozialen und kulturellen Trennungslinien zwischen den Ständen hatte zur Folge, dass sich hier jeweils nach eigenen Gesetzmäßigkeiten und sozialen Normen standesgebundene Formen von Musikpraxis ausbildeten. Der Begriff Volksmusik bezieht sich dabei auf diejenigen Formen des Musizierens, die in der Musikpraxis der leibeigenen Bauernschaft, der bäuerlich-dörflichen Gemeinschaften ihren Ursprung haben und sich angesichts der sozialen Barrieren zwischen den Klassen und Schichten auch in relativer Selbstständigkeit entwickelten. So blieben sie ein unmittelbarer Spiegel der Lebensweise ihrer sozialen Träger, eingebunden in die alltäglichen Lebensprozesse oder in die rituellen Feste des dörflichen Gemeinwesens, schriftlos tradiert, geprägt durch die lokalen Besonderheiten. Das führte trotz eines im Einzelnen begrenzten Repertoires an Liedern und Tänzen, die zumeist auch noch an ganz bestimmte Anlässe gebunden waren (Tänze für bestimmte Feste, Lieder zu Verrichtungen des Alltags usw.), zu einer enormen Formenvielfalt, zumal die schriftlose Tradierung zwangsläufig mit reichhaltigen Variantenbildungen verbunden war, jedes Lied und jeder Tanz von Generation zu Generation Abwandlungen erfuhr, dabei mit der historischen Veränderung der Lebensweise seiner sozialen Träger immer wieder neue Impulse für seine Entwicklung erhielt.

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Vọlks|mu|sik, die: im Volk überlieferte u. von ihm ausgeübte Musik von nationaler od. landschaftlicher Eigenart.

Universal-Lexikon. 2012.