Akademik

Gesellschaftstanz
Ge|sẹll|schafts|tanz 〈m. 1ugesellige Tanzform für festliche Veranstaltungen der höheren Gesellschaft

* * *

Ge|sẹll|schafts|tanz, der:
nicht od. wenig improvisierter Paartanz, der bei geselligen Festen getanzt wird (im Unterschied zu Ballett, Volkstanz u. Discotanz).

* * *

Gesellschaftstanz,
 
Bezeichnung für diejenigen Tanzformen, die im Gegensatz zum Sakral-, Volks- und Bühnentanz im Wesentlichen der Geselligkeit und Unterhaltung dienen. Sie sind in ihren Grundschritten festgelegt und werden gewöhnlich von einem oder mehreren Paaren getanzt.
 
Der europäische Gesellschaftstanz wurde zuerst an den italienischen Fürstenhöfen des 15. Jahrhunderts gepflegt, wo eigene Tanzmeister das Tanzen lehrten und die ersten Tanztheorien und -lehrbücher entstanden. Nach spätmittelalterlichem Vorbild herrschten die Doppeltänze vor (einem Schreittanz folgte ein Springtanz), z. B. Basse Danse mit Saltarello im 15. Jahrhundert Die beliebtesten Tänze des 16. Jahrhunderts waren Pavane und Passamezzo mit Galliarde, Courante und Canarie, aber auch die Moriska als Einzeltanz. Als Gruppenpaartanz pflegte man den Branle, als einzigen Drehtanz mit Umarmung die Volte. Im 16. und 17. Jahrhundert wurden der spanische und der französische Hof Zentren des Gesellschaftstanzes; von hier verbreiteten sich die Tänze Bourrée, Gavotte, Allemande, Chaconne, Gigue, Sarabande, Courante und Menuett an allen europäischen Höfen. Bezeichnend ist die strenge Stilisierung der aus Volkstänzen (aus den eigenen Provinzen und aus anderen Ländern) entwickelten Gesellschaftstänzen und der Repräsentationscharakter des Tanzens; dafür sorgten u. a. die 1661 von Ludwig XIV. gegründete Académie royale de danse und deren berühmteste Tanzmeister P. Beauchamps und R. A. Feuillet.
 
Im 18. Jahrhundert entstanden, vom Bürgertum getragen, lockerere Formen des Gesellschaftstanzes, so Passepied, Musette, Rigaudon sowie die aus den englischen Countrydances hervorgegangenen verschiedenen Formen der Contredanse mit Cotillon und Quadrille. Seit 1716 fanden in der Pariser Opéra öffentliche Bälle für die gehobene Gesellschaft statt. Nach der Französischen Revolution kamen in Paris und Wien (nach englischem Muster) gegen Entgelt allgemein zugängliche Ballsäle, Tanz- und Gartenlokale auf, ebenso auch öffentliche Tanzkurse. Im 19. Jahrhundert breitete sich der Walzer aus, der Polka, Mazurka, Galopp, Ländler und die den Ball eröffnende Polonaise überlebte.
 
Seit Beginn des 20. Jahrhunderts kamen über England zahlreiche nord- und lateinamerikanische Tänze nach Deutschland, zunächst Twostep, Onestep, Boston, Cakewalk, Tango, Foxtrott, Machiche, nach dem Ersten Weltkrieg Shimmy, Charleston, Blackbottom, Blues, Englishwaltz und Rumba; nach dem Zweiten Weltkrieg folgten Samba, Jitterbug, Mambo und Cha-Cha-Cha, seit Mitte der 50er-Jahre Rock'n'Roll und Calypso. Nach 1960 entstanden die »Diskotänze« (nach Diskothek benannt), die einander in rascher Folge ablösten, u. a. Twist, Shake, Slop, Jerk und Beat. In den 70er-Jahren entstand in den New-Yorker Armenvierteln als »schwarzer« Straßentanz der Breakdance, der v. a. durch Filme populär wurde und sich rasch zu einem subkulturellen Gesellschaftstanz entwickelte. Überhaupt avancierte das Kino mehr und mehr zum Schrittmacher neuer Tanzwellen, z. B. mit den Filmen »Carmen« und »Dirty dancing«. (Tanzsport)
 
Literatur:
 
M. von Boehn: Der Tanz (1925);
 K. H. Taubert: Höf. Tänze. Ihre Gesch. u. Choreographie (1968);
 H. Günther u. H. Schäfer: Vom Schamanentanz zur Rumba. Zur Gesch. des G. (21975);
 F. Otterbach: Die Gesch. der europ. Tanzmusik (1980);
 O. Schneider: Tanzlex. (1985);
 A. Moore: G. (a. d. Engl., 121986);
 V. Saftien: Ars saltandi. Der europ. G. im Zeitalter der Renaissance u. des Barock (1994).

* * *

Ge|sẹll|schafts|tanz, der: nicht od. wenig improvisierter Tanz, der bei geselligen Festen getanzt wird (im Unterschied zu Ballett u. Volkstanz): Spaß mit Walzer und Jive. G. ist auch in Zeiten von Techno »in« (Tagesspiegel 2. 5. 98, 12).

Universal-Lexikon. 2012.