We|be|rei 〈f. 18; Textilw.〉
I 〈unz.〉 das Weben u. alle Vorgänge, die damit zusammenhängen
II 〈zählb.〉
1. Betrieb, in dem Gewebe hergestellt werden
2. das Gewebte, Webarbeit
* * *
We|be|rei, die; -, -en:
2. Betrieb, in dem ↑ gewebt (1) wird.
* * *
Weberei,
Weben, Herstellung textiler Flächengebilde durch rechtwinklige Verkreuzung zweier Fadensysteme (Kett- und Schussfäden) nach den Regeln der Bindungslehre (Bindung). Gewebe werden maschinell auf Webmaschinen, wenig noch auf Handwebstühlen (Webstuhl) gefertigt. Vor dem eigentlichen Weben muss das Garn vorbereitet werden.
In der Webereivorbereitung wird zuerst das von der Spinnerei angelieferte Garn von den Spinnkötzern (Spulen) auf konischen Kreuzspulen oder zylindrischen Schussspulen umgespult und dabei kontrolliert und gereinigt. Danach wird beim Schären eine bestimmte Anzahl (Schar) von Kettfäden zu einer Webkette mit bestimmter Breite und Fadendichte aufgewickelt. Durch Schlichten erhalten die Webkettfäden beim Durchlaufen eines Tauchbades mit klebenden Substanzen (z. B. aufgeschlossene Kartoffelstärke) eine Schutzschicht oder Faserverklebung, damit sie die folgende Beanspruchung beim Weben aushalten. Beim Einziehen werden die Fäden der so vorbereiteten Webkette von Hand oder mit Einziehmaschinen einzeln zuerst in die Litzenaugen und danach paarweise oder in Gruppen ins Riet gezogen.
In der Weberei werden Schaft- und Jacquardweben unterschieden. Beim Schaftweben werden die Kettfäden vom Kettbaum über Streichwalze, Teilstäbe, Schäfte mit Litzen und Litzenaugen, Riet (Webkamm), Brustbaum zum Warenbaum geführt. Durch die Litzenaugen eines Schaftes verlaufen immer bestimmte Kettfäden (z. B. der erste, dritte, fünfte usw. beziehungsweise der zweite, vierte, sechste usw.). Durch Heben und Senken der Schäfte werden die vom Kettbaum über Streichwalze und Teilstäbe geführten Kettfäden in gehobene und gesenkte Fäden geteilt (Fachbildung). In das Webfach wird mithilfe des durch Schlag mit dem Picker beschleunigten Webschützens der Schussfaden eingetragen (Schusseintrag). Danach erfolgt der Schussanschlag, d. h., der noch lose liegende Schussfaden wird durch das Riet an das bisher abgewobene Gewebe gedrückt. Gleichzeitig wechseln die Webschäfte ihre Stellung und binden durch die Kreuzung ihrer Kettfäden den Schussfaden in das Gewebe ein. Die Warenschaltung bewirkt das schrittweise Weiterbewegen der vom Kettbaum abgegebenen Kettfäden und das Aufwickeln des fertigen Gewebes auf den Warenbaum. Beim Schaftweben wird die Musterungsmöglichkeit durch die Anzahl der Schäfte, die sich auf einer Webmaschine unterbringen lässt, begrenzt. Webschäfte werden deshalb v. a. für Gewebe in Grundbindungen wie Leinwand, Köper, Atlas und Abwandlungen angewandt. Das Jacquardweben ermöglicht die Herstellung beliebiger Muster durch das einzelne Heben und Senken jedes Kettfadens mithilfe einer Jacquardmaschine.
Der älteste Webstuhl der Alten Welt wurde in Çatal Hüyük gefunden (um 6000 v. Chr.). Im 6./5. Jahrtausend v. Chr. lassen sich in Ägypten, im 4. Jahrtausend in Mesopotamien die Leinen- und Wollweberei nachweisen. Die Anfänge der Seidenweberei liegen in China (frühes 3. Jahrtausend v. Chr.). Aus Japan ist ein Bronzewebstuhl aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. erhalten, bei dem bereits Einschüsse in fünf Farben möglich waren (diese Technik wurde in Europa erst im 18. Jahrhundert beherrscht). In Europa setzte die Weberei in der Jungsteinzeit (6. Jahrtausend v. Chr.) in Südosteuropa ein. Die Griechen und Römer verwendeten Webstühle mit vertikal verlaufenden Kettfäden, die mit durchbohrten Steinen oder Tongewichten gespannt wurden. - Der Trittwebstuhl, in China seit dem 6. Jahrhundert v. Chr. in Gebrauch, kam in Europa im 13. Jahrhundert auf. Hier erfolgte die Fachbildung durch das Heben und Senken der mit Pedalen (Tritte) verbundenen Schäfte, deren Bedienbarkeit eine Beschränkung der Webmuster auferlegte. Zugwebstühle (Zampelstuhl), wie sie für die Seidenweberei entwickelt wurden, erlaubten bereits vor der Erfindung der Jacquardmaschine die Ausführung kompliziertester Webmuster. Erste Entwürfe für automatische Webstühle entstanden im 18. Jahrhundert (J. de Vaucanson u. a.). Die Geräte waren anfangs nur zum Weben glatter Stoffe geeignet, doch wurden sie bald so weit vervollkommnet, dass sie auch für die Musterweberei benutzt und schließlich mit der 1805 konstruierten Jacquardmaschine verbunden werden konnten. Schon 1733 hatte John Kay (* 1704, ✝ 1764) den so genannten Schnellschützen erfunden. Der von E. Cartwright ab 1784 entwickelte Maschinenwebstuhl wurde besonders von R. Roberts, der sich auch um die Spinnerei verdient gemacht hat, Anfang der 1820er-Jahre in Manchester weiterentwickelt. - Den ersten Tuchwebstuhl in Deutschland konstruierte 1836 Louis Schönherr (* 1817, ✝ 1911). In den USA befasste sich George Crompton (* 1829, ✝ 1886) ab 1867 besonders mit dem Bau breiter Tuchwebstühle (»Buckskin-Webstühle«). Den ersten elektrisch angetriebenen Webstuhl stellte 1879 W. von Siemens vor. J. H. Northrop erfand den automatischen Schussspulenwechsler (1889). Der Buntautomat geht auf E. Claviez (1893) zurück. J. und K. Herold u. a. konstruierten gegen Ende des 19. Jahrhunderts den Rundwebstuhl. In den 1920er-Jahren entwickelten R. Rossmann u. a. Webmaschinen mit Greiferschiffchen. Anbauautomaten zur Automatisierung vorhandener Webmaschinen konstruierte Carl Valentin (* 1891, ✝ 1968).
R. Buff: Bindungslehre - ein Webmusterbuch (Bern 1985);
U. Kircher: Von Hand gewebt. Eine Entwicklungsgesch. der Handweberei im 20. Jh. (1986);
Die Kunst zu weben, bearb. v. E. Regensteiner (a. d. Engl., 1987);
Webkunst aus verschiedenen Kulturen, Beitrr. v. A. Hecht (a. d. Engl., Bern 1991);
U. Arn-Grischott: Doppelgewebe in der Handweberei. Ein Lb. für doppel- u. mehrschichtige Gewebe (Bern 1997).
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Textiltechnik: Gewebe, Maschenware, Filze und Vliesstoffe
* * *
Universal-Lexikon. 2012.