Wịt|ten|berg:
Stadt an der mittleren Elbe.
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Wịttenberg,
1) Lụtherstadt Wittenberg, Kreisstadt in Sachsen-Anhalt, 70 m über dem Meeresspiegel, nahezu vollständig rechts der Elbe, 51 600 Einwohner; Evangelischer Predigerseminar, Evangelische Akademie Sachsen-Anhalt, Stiftung »Zentrum für globale Ethik«, seit 1994 Universitätsstiftung »Leucorea« (dadurch erneut Standort der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg); seit 1997 Stiftung Luthergedenkstätten mit Lutherhaus (reformationsgeschichtliches Museum Lutherhalle) und Melanchthonhaus. Außerdem Museum für Natur- und Völkerkunde Julius Riemer und für Stadtgeschichte sowie museal und kulturell genutzte Cranachhäuser; Theater. In den 90er-Jahren wandelte sich Wittenberg von einer Industriestadt zu einem Handels-, Dienstleistungs- und Touristenzentrum; vorherrschende produzierende Gewerbe sind chemische (Stickstoffwerk im Stadtteil Piesteritz) und haushaltchemische Industrie (Reinigungsmittel, Kerzen), Maschinenbau, Papier- und Nahrungsmittelindustrie sowie Gartenbau; Eisenbahnknotenpunkt, Industriehafen.
Die gotische Stadtkirche Santa Marien (Ende 13.-16. Jahrhundert) mit mächtiger Doppelturmfassade birgt eine reiche Ausstattung (u. a. Altarretabel mit der Allegorie des evangelischen Glaubens [vor 1539] von L. Cranach dem Älteren, die Flügel mit Porträts der Reformatoren vermutlich 1547 von L. Cranach dem Jüngeren; Bronzetaufbecken von H. Vischer dem Älteren [1457]; zahlreiche Epitaphien). Dreiflügeliges Schloss, 1498-1525 als kurfürstliche Residenz erbaut; in der Schlosskirche (1489-1507, nach Brand 1760 Wiederaufbau 1767-70 und nach erneuter Zerstörung [1813] 1883-92 erneuert), deren nördliches Hauptportal die Thesentür bildet, die Grabstätten M. Luthers und P. Melanchthons. Das Augusteum (1564-86) wurde als Universitätsgebäude im Renaissancestil erbaut; in dessen Hof das Lutherhaus, ursprüngliches Klostergebäude (1504 begonnen) der Augustinereremiten; ein weiteres historisches Universitätsgebäude ist das Fridericianum; Rathaus (1523-35, Giebel- und Portalvorbau 1570-73, das Innere erneuert 1926-28) und zahlreiche stattlichen Bürgerhäuser, darunter die Wohnhäuser von Melanchthon (1536-39 erbaut) und J. Bugenhagen (1731/32 grundlegend erneuert) sowie Wohnhaus und Werkstatt von Cranach dem Älteren (so genannte »Cranachhöfe«, frühes 16. Jahrhundert). Nach Plänen von F. Hundertwasser begann 1995 der Umbau des 1975 in Plattenbauweise entstandenen Martin-Luther-Gymnasiums. 1996 wurden die Luthergedenkstätten (Schlosskirche, Luther- und Melanchthonhaus) von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. - Wittenberg, 1180 erstmals genannt (askanische Burg), erhielt 1293 Magdeburger Stadtrecht und war bis 1422 Sitz der askanischen, ab 1485 der wettinischen Herzöge von Sachsen-Wittenberg. Die 1502 durch Friedrich den Weisen gegründete Universität (»Leukorea«) wurde durch Luther (seit 1512 Professor für Theologie; wohl am 31. 10. 1517 oder später Anschlag der 95 Thesen gegen den Missbrauch des Ablasshandels) und Melanchthon Mittelpunkt der Reformation und bedeutender Druckort. In der Wittenberger Kapitulation vom 19. 5. 1547, die den Schmalkaldischen Krieg beendete, wechselte die Kurwürde (mit dem Kurkreis Wittenberg) von den Ernestinern an die Albertiner, wobei Wittenberg seine Stellung als Residenz (mit Unterbrechungen seit 1485) zugunsten Dresdens verlor. 1507-47 und auf Veranlassung Napoleons I. wurde Wittenberg zur Festung ausgebaut, von den Preußen 1814 erstürmt. 1815 fiel es an Preußen (Provinz Sachsen), das 1817 die Universität mit der in Halle (Saale) zur Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg vereinigte. - Wittenberg erhielt am 18. 3. 1938 den amtlichen Beinamen Lutherstadt.
2) Landkreis im Regierungsbezirk Dessau, Sachsen-Anhalt, grenzt im Norden und Osten an Brandenburg, im Süden an Sachsen und im Westen an die kreisfreie Stadt Dessau, 1 508 km2, 134 400 Einwohner; an das von der Elbe mit breiter Elbaue und von der Schwarzen Elster durchflossene Tiefland im mittleren Kreisgebiet schließen sich im Norden die südlichen Ausläufer des Fläming, im Südwesten die Dübener Heide, im Osten das durch Wälder, weite Flussauen und Hügel gekennzeichnete Jessener Land und im Südosten die Annaburger Heide an. Ackerland nimmt die Hälfte der Kreisfläche ein, es werden Getreide (Roggen, Hafer, Weizen, Gerste), Kartoffeln, Feldfutterpflanzen und Futterhackfrüchte angebaut, daneben wird auch Rinder- und Schafhaltung, um Jessen (Elster) Obstbau betrieben. Hauptindustriestandort ist die Kreisstadt Wittenberg. Weitere Städte sind Gräfenhainichen, Annaburg, Jessen (Elster), Kemberg, Prettin, Seyda, Zahna sowie die Eisenmoorbäder Bad Schmiedeberg und Pretzsch (Elbe). - In den Landkreis Wittenberg wurden am 1. 7. 1994 der bisherige Kreis Jessen sowie Gebietsteile des bisherigen Kreises Gräfenhainichen eingegliedert.
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Wịt|ten|berg: Stadt an der mittleren Elbe.
Universal-Lexikon. 2012.