Berengar von Tours
[-tuːr], scholastischer Theologe, * Tours um 1000, ✝ Saint-Côme (bei Tours) 1088; Schüler Fulberts an der Schule von Chartres; wurde 1030 Lehrer an der Domschule von Tours, 1040 deren Leiter und zugleich Archidiakon von Angers. Berengar behauptete den Vorrang der Vernunft vor der Autorität und bestritt die Möglichkeit einer Änderung der Substanz ohne Änderung der Akzidenzien. Daher leugnete er die wirkliche Gegenwart Christi im Sakrament (»Liber de sacra coena«). Seine Lehre führte zum zweiten Abendmahlsstreit (11. Jahrhundert). Dabei behauptete Berengar in Anlehnung an die Position, die im 9. Jahrhundert schon Paschasius Radbertus gegen Rathramnus von Corbie eingenommen hatte, dass die Präsenz Christi in Brot und Wein nur symbolisch zu verstehen sei, währenddessen seine Gegner, v. a. Lanfranc (✝ 1089) und Guitmund von Aversa (✝ 1095), wie Rathramnus eine Verwandlung von Brot und Wein in die Substanz von Leib und Blut Christi vertraten. Berengar wurde wegen seines symbolisch-spiritualistischen Eucharistiebegriffs auf mehreren Synoden verurteilt; er behielt ihn jedoch bei.
J. de Montclos: Lanfranc et Bérenger. La controverse eucharistique du XIe siècle (Löwen 1971).
Universal-Lexikon. 2012.