Grütze (umgangssprachlich); Denkvermögen; Verstand; Grips (umgangssprachlich); Geist; Köpfchen (umgangssprachlich); Scharfsinnigkeit; Denkfähigkeit; Intelligenz; Gehirnschmalz (umgangssprachlich); Scharfsinn; gesunder Menschenverstand (umgangssprachlich); Ratio; Räson; gesunder Verstand (umgangssprachlich); Wirklichkeitssinn; Gesetzmäßigkeit; Logik; Konsequenz
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Ver|nunft [fɛɐ̯'nʊnft], die; -:geistige Fähigkeit des Menschen, Einsichten zu gewinnen, sich ein Urteil zu bilden, die Zusammenhänge und die Ordnung des Wahrgenommenen zu erkennen und sich in seinem Handeln danach zu richten:
die menschliche Vernunft; wir sollten Vernunft walten lassen; das ist gegen alle Vernunft; er hat richtig getobt, wir mussten ihn zur Vernunft bringen.
• Vernunft/Verstand
Zwischen den beiden Substantiven besteht ein inhaltlicher Unterschied. Verstand bezeichnet die Fähigkeit der Menschen, das Wahrgenommene sinngemäß aufzufassen und es zu begreifen, die Fähigkeit, mit Begriffen umzugehen, Schlüsse zu ziehen, zu denken:
– Der Verstand reicht nicht aus, dies zu begreifen.
Vernunft bezeichnet das Vermögen des Menschen, Einsichten zu gewinnen, Zusammenhänge zu erkennen, etwas zu überschauen und sinnvoll einzuordnen, das Vermögen, die Rangordnung der gegebenen Werte zu erkennen und sein Handeln danach zu richten.
– Es ist nicht gut, wenn die Menschheit den Verstand überanstrengt und Dinge mithilfe der Vernunft zu ordnen sucht, die der Vernunft noch gar nicht zugänglich sind (Hermann Hesse).
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Ver|nụnft 〈f.; -; unz.〉
1. der bewusst gebrauchte Verstand
2. Einsicht, Besonnenheit
● nimm doch \Vernunft an! beruhige dich doch u. denk nach!; er ist aller \Vernunft beraubt er ist verblendet, unbesonnen, ihm fehlt die Einsicht; das ist doch gegen alle \Vernunft!; jmdn. zur \Vernunft bringen zur Einsicht bringen, seine Erregung beschwichtigen; er ist endlich wieder zur \Vernunft gekommen ruhig, einsichtig geworden [<mhd. vernunft <ahd. firnunft „Erfassung, das Vernehmen, sinnliche Wahrnehmung, Verständnis, Einsicht“; → vernehmen]
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Ver|nụnft , die; - [mhd. vernunft, ahd. vernumft, zu ↑ vernehmen in der veralteten Bed. »erfassen, ergreifen«, urspr. = Erfassung, Wahrnehmung]:
geistiges Vermögen des Menschen, Einsichten zu gewinnen, Zusammenhänge zu erkennen, etw. zu überschauen, sich ein Urteil zu bilden u. sich in seinem Handeln danach zu richten:
die menschliche V.;
das gebietet die V.;
politische V. walten lassen;
sie hat gegen alle Regeln der V., gegen alle V. darauf bestanden;
er handelte ohne V. (ohne nachzudenken, ohne Überlegung);
jeder Mensch von V. (jeder vernünftige Mensch);
☆ V. annehmen/zur V. kommen (einsichtig, vernünftig werden);
jmdn. zur V. bringen (erreichen, dass jmd. einsichtig, vernünftig wird).
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I Vernunft
[althochdeutsch vernumft, zu firneman »vernehmen«, »wahrnehmen«, ursprünglich »erfassen«, »begreifen«], in der deutschen Philosophie seit I. Kant generell Bezeichnung für die Fähigkeit des Menschen, die Welt als ein System von Einheit zu erkennen (theoretische Vernunft), wobei Vernunft als oberstes Erkenntnisvermögen den Verstand reguliert. Die praktische Vernunft bestimmt durch Begriffe das Wollen und Handeln. Wortgeschichtlich greift die nachkantische Unterscheidung von Vernunft und Verstand auf die Unterscheidung von »nus« beziehungsweise »intellectus« und »dianoia« beziehungsweise »ratio« in der griechischen und mittelalterlichen Philosophie zurück, wobei die Übersetzung durch Vernunft beziehungsweise Verstand bis ausschließlich Kant schwankend war. Seit der griechischen Philosophie ist durch den Begriff Vernunft das philosophische Grundproblem bezeichnet, auf welche unverzichtbaren Bedingungen menschlichen Redens und Handelns der Mensch zurückgreifen können muss, um sich seiner eigenen Möglichkeiten zu vergewissern. Die Frage nach den Kriterien und Inhalten der Vernunft bricht in dem Moment auf, in dem bis dahin unbefragt geltende und naiv tradierte Inhalte des Wissens und Orientierungen des Handelns problematisch werden und eine ausdrückliche intersubjektive Sicherung gemeinsamen Wissens und Handelns gesucht wird. Die klassische griechische Philosophie stellt eine solche historische Situation dar: Sokrates versucht gegenüber dem mythischen Weltbild und den eingelebten und unkritisch übernommenen Normen des gesellschaftlichen Lebens einerseits und dem durch die Sophisten geförderten Skeptizismus andererseits den Weg der Vernunft, des Unterschieds (der Kritik) zwischen dem allgemeinen Begründbaren und dem Unbegründbaren vorzuzeichnen. Das Programm der Vernunft bezieht sich dabei auf die Begründung sowohl des Wissens als auch des sittlichen (privaten wie politischen) Handelns. Aristoteles' Kritik an der platonischen Ideenlehre verlagert das Vernunftproblem in den Bereich intersubjektiver Begründung und Rechtfertigung: Vernunft wird erkennbar in der Prüfung der Gründe und Gegengründe gemäß situations- und kontextinvarianten Regeln; die Logik wird zentrales Instrumentarium der Vernunftkritik. Die neuzeitliche Vernunftphilosophie ist v. a. durch eine Radikalisierung des Begründungs- beziehungsweise Rechtfertigungsproblems gekennzeichnet. In Descartes' Programm eines radikalen Neuanfangs schlägt sich eine Totalisierung der Vernunft nieder, die im Wissen und Handeln keinen Autoritäten, Traditionen und Erfahrungen mehr vertraut. Empirismus und Rationalismus diskutieren das Problem einer Grundlegung des Wissens und Handelns. Die Philosophie Kants ist sowohl Reflexion auf diesen Impetus der Aufklärung als auch (programmatische) Theorie der Reichweite und Grenzen der Ansprüche der Vernunft: Kann sich die Vernunft nicht mehr auf einen überkommenen Bestand von Vorstellungen und Überzeugungen berufen, muss die Geltung von Wissensinhalten und Handlungsvorstellungen allein auf den »Leistungen« der Vernunft selbst beruhen. Ausweis von Geltung erfolgt durch Konstitution und Konstruktion nach Vernunftprinzipien; was Geltung zu Recht beansprucht, muss allgemein konstruierbar ausgewiesen sein. Die nachkantische Vernunftphilosophie hat sich vielfach bemüht, Kants Programm von gewissen vermögenspsychologischen Konnotationen zu befreien und die Kriterien »vernünftigen« Redens und Handelns operabel zu machen. C. S. Peirce hat betont, dass das Vernünftige im Diskurs einer Forschergemeinschaft auch als reales Einverständnis erscheinen können muss. Eine Reihe von Ansätzen der modernen deutschen Philosophie kennzeichnet das Bemühen, Kriterien des vernünftigen Redens und Handelns in Form von situationsvarianten, prädiskursiven Regeln zu rekonstruieren (u. a. P. Lorenzen, J. Habermas, K.-O. Apel).
J. Mittelstrass: Neuzeit u. Aufklärung (1970);
Hb. philosoph. Grundbegriffe, hg. v. H. Krings u. a., Bd. 3 (1974);
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Aufklärung: Sieg der Vernunft?
Descartes: Von der Methode des richtigen Vernunftgebrauchs
Vernunft und Glaube
Vernunft,
geistiges Vermögen, das nicht nur (wie der Verstand) auf Einsicht und Erkenntnis, sondern darüber hinaus auch auf sinnvolles Verhalten beziehungsweise Handeln gerichtet ist.
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Ver|nụnft, die; - [mhd. vernunft, ahd. vernumft, zu ↑vernehmen in der veralteten Bed. „erfassen, ergreifen“, urspr. = Erfassung, Wahrnehmung]: geistiges Vermögen des Menschen, Einsichten zu gewinnen, Zusammenhänge zu erkennen, etw. zu überschauen, sich ein Urteil zu bilden u. sich in seinem Handeln danach zu richten: die menschliche V.; seine rechnerische, kalte V. gibt einer erschöpften, friedensbedürftigen Welt mehr Zuversicht als das ... Genie Napoleons (St. Zweig, Fouché 184); das gebietet die V.; politische V. walten lassen; keine V. haben; er hat gegen alle Regeln der V., gegen alle V. darauf bestanden; er handelte ohne V. (ohne nachzudenken, ohne Überlegung); Jeder Mensch von V. (jeder vernünftige Mensch) wisse und habe die Beweise dafür, dass ... (Fest, Im Gegenlicht 243); *V. annehmen/zur Vernunft kommen (↑Räson);jmdn. zur V. bringen (↑Räson):Ein Messerstich ... würde genügen ... Er musste sich zur V. rufen (M. Walser, Seelenarbeit 232).
Universal-Lexikon. 2012.