Biotopverbund,
Biotopvernetzung, räumliche und funktionelle Verknüpfung von Biotopen in der Landschaft, die das Wandern von Tierarten und die Verbreitung von Pflanzenarten ermöglicht. Die zunehmende Intensivierung der Landnutzung sowie der Ausbau der Infrastruktur, insbesondere der Verkehrswege, haben in den letzten Jahrzehnten zu einer drastischen Verinselung und Isolation natürlicher und naturnaher Lebensräume geführt. Verbleibende Restpopulationen von Pflanzen- und vor allem Tierarten sind damit einem erhöhten Aussterberisiko ausgesetzt, der wichtige genetische Austausch zwischen den Teilpopulationen ist nicht mehr gewährleistet. Ganz besonders stark betroffen sind auch Arten, die im Laufe ihres Lebens verschiedene Biotope benötigen, die heute oft räumlich weit getrennt oder durch Verkehrwege voneinander isoliert sind. Bekanntestes Beispiel sind hier die Amphibien. So werden die Wanderwege von Erdkröten, aber auch vielen anderen Arten, zwischen Winterquartier und Laichgewässer beziehungsweise Laichgewässer und Sommerlebensraum von Straßen gekreuzt, die den wandernden Tieren zum Verhängnis werden können und intensive Schutzmaßnahmen (Krötenzäune, Tunnel usw.) erfordern. Die Schaffung eines wirkungsvollen Biotopverbund- beziehungsweise -vernetzungssystems gehört damit zu den vordringlichsten Aufgaben des Naturschutzes und der Landschaftspflege. Dem hat u. a. der Gesetzgeber in einer Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes Rechnung getragen, wo 10 % der Landesfläche für den Biotopverbund gefordert werden. Grundsätzlich zu unterscheiden ist zwischen einer funktionalen Vernetzung verschiedener naturnaher Biotope, etwa um Arten mit unterschiedlichen Lebensraumansprüchen Rechnung zu tragen, und einem Verbund ähnlicher Biotope, um der genetischen Isolation von Teilpopulationen und damit deren Aussterben entgegen zu wirken. Das wohl bekannteste Instrument für einen linearen Verbund von Wäldern sind naturnahe Feldhecken aus standortgerechten einheimischen Gehölzen, die gleichzeitig vielfältige andere positive ökologische Wirkungen in einer ausgeräumten Kulturlandschaft entfalten können. Zu nennen wären etwa Klimaverbesserung (Wind- und Erosionsminderung, Wasserrückhaltung, Temperaturausgleich usw.), die Bildung von Lebensraum- und insbesondere Rückzugsraum für Arten der landwirtschaftlich genutzten Flächen sowie eine Aufwertung des Landschaftsbildes. Eine weitere Variante, in Wäldern lebenden Arten Wanderungen zu ermöglichen, ist die Anlage so genannter Trittsteinbiotope, d. h. eines Netzes von kleineren Feldgehölzen, die zumindest für einen vorübergehenden (Rast-)Aufenthalt geeignet sind und so das Überwinden größerer Entfernungen auch weniger mobilen Arten möglich machen. Daneben bieten sich vielfältige andere Möglichkeiten an. Auch traditionelle Formen der Landnutzung können zum Biotopverbund beitragen, so z. B. die Hüteschafhaltung, bei der durch Hufe und Fell der Tiere Samen verbreitet und damit einer Isolation entgegen gewirkt wird. Von herausragender Bedeutung für den Biotopverbund ist die Durchgängigkeit von Fließgewässern (z. B. Vermeidung von Querbauwerken, die Wanderungen behindern) und ihrer Uferbereiche. In der Naturlandschaft waren Fließgewässer und ihre Ufer wesentliche Ausbreitungsachsen. Auch menschliche Besiedlung folgte häufig Fließgewässersystemen, an deren Ufern dann auch in großem Umfang Siedlungen angelegt wurden, in deren Folge durch Uferverbau Barrieren für andere Arten entstanden. Damit ist es eine vorrangige Aufgabe des Naturschutzes im besiedelten Bereich, gerade entlang von Flüssen durchgängige Grünzüge zu erhalten beziehungsweise wiederherzustellen.
Universal-Lexikon. 2012.