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Carlyle
Carlyle
 
[kɑː'laɪl], Thomas, schottischer Schriftsteller, Historiker und Philosoph, * Ecclefechan (bei Dumfries) 4. 12. 1795, ✝ London 4. 2. 1881; Lehrer, später freier Schriftsteller; Ȋ 1826 mit Jane Baillie Welsh (✝ 1866); ab 1865 Lordrektor der Universität Edinburgh. Angeregt und beeinflusst wurde Carlyle vom schottischen Puritanismus und vom deutschen Idealismus, insbesondere von Kant, Fichte, Schiller und Goethe, dessen »Wilhelm Meister« er übersetzte. In seinem ersten größeren Werk »Sartor Resartus. The life and opinions of Herr Teufelsdröckh« (1834; deutsch »Sartor Resartus oder Leben und Meinungen des Herrn Teufelsdröckh«), bereits in dem für ihn charakteristischen kraftvollen und pathetischen Stil geschrieben, entwickelt er seine Auffassung vom Wert der Arbeit als sittlicher Verpflichtung. »The French Revolution« (3 Bände, 1837; deutsch »Die Französische Revolution«) ist nicht in erster Linie das Werk eines Historikers, sondern eines Dichters. In den Vorträgen »On heroes, hero-worship and the heroic in history« (1841; deutsch »Über Helden, Heldenverehrung und das Heldentümliche in der Geschichte«) vertritt Carlyle ein teleologisches Geschichtsbild. Die Weltgeschichte ist für ihn die Geschichte der herausragenden Persönlichkeiten, durch die Gott in die Geschichte eingreift. Zwei dieser Persönlichkeiten hat Carlyle im Geist der Heldenverehrung in den großen biographischen Werken »Oliver Cromwell's letters and speeches« (2 Bände, 1845) und »History of Frederick the Great« (6 Bände, 1858-65; deutsch »Geschichte Friedrichs II. von Preußen, genannt Friedrich der Große«) gewürdigt. Als Sozialprophet, Kritiker und Historiker übte Carlyle als das mahnende Gewissen des viktorianischen England einen großen Einfluss aus. Er führte einen von prophetischem Aktionswillen erfüllten Kampf gegen den Materialismus des 19. Jahrhunderts, wobei er die britische Nation in neuer ethisch-religiöser Bindung zu sittlich-patriotischer Bewährung führen wollte. Seine Kennzeichnung des britischen Volkes als Heldenvolk und zugleich Gottesvolk fügte der traditionellen britischen Sendungsideologie neue, auf den Imperialismus weisende Elemente hinzu.
 
Weitere Werke: The life of Schiller (1825; deutsch Leben Schillers); On history (1830); On history again (1833); Lectures on German literature (1837); Past and present (1843; deutsch Einst und Jetzt); Essays on Goethe (herausgegeben 1888; deutsch Goethe).
 
Ausgaben: Correspondence between Goethe and Carlyle (1887); Ausgewählte Werke, 9 Bände (1-21895-1907); The works (Centenary edition), 30 Bände (1896-99); Letters of T. Carlyle to J. S. Mill, J. Sterling, R. Browning, herausgegeben von A. Carlyle (1923, Nachdruck 1970); The collected letters of T. and J. Carlyle, herausgegeben von C. R. Sanders, 9 Bände (1970-81).
 
Literatur:
 
D. A. Wilson: Life of T. C., 6 Bde. (London 1923-34);
 I. W. Dyer: A bibliography. .. (Portland, Me., 1928, Nachdr. New York 1968);
 C. F. Harrold: C. and German thought, 1819-34 (New Haven, Conn., 1934);
 J. Kedenburg: Teleolog. Geschichtsbild u. theokrat. Staatsauffassung im Werk T. C.s (1960);
 I. M. Campbell: T. C. (New York 1975);
 W. Waring: T. C. (Boston, Mass., 1978);
 A. L. Le Quesne: C. (Oxford 1982);
 J. D. Rosenberg: C. and the burden of history (Cambridge, Mass., 1985);
 T. Fasbender: T. C. Idealist. Geschichtssicht u. visionäres Heldenideal (1989);
 R. L. Tarr: T. C. A descriptive bibliography (Oxford 1989);
 C. R. Vanderbossche: C. and the search for authority (Columbus, Oh., 1991).
 

Universal-Lexikon. 2012.