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Weisheit
Schlauheit; Gelehrtheit; Klugheit

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Weis|heit ['vai̮shai̮t], die; -, -en:
1. <ohne Plural> durch Lebenserfahrung, Abgeklärtheit gewonnene innere Reife:
die Weisheit des Alters; sie ist eine Frau von großer Weisheit.
Zus.: Altersweisheit, Lebensweisheit.
2. durch Erfahrung gewonnene Lehre:
diese Sprüche enthalten viele Weisheiten.
Syn.: Erkenntnis, Moral.

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Weis|heit 〈f. 20
I 〈unz.〉
1. einsichtige Klugheit, Lebenserfahrung, geistige, innere Reife
2. überlegenes Wissen, Gelehrsamkeit
● die \Weisheit des Alters; mit seiner \Weisheit am Ende, zu Ende sein 〈fig.; umg.〉 nicht mehr weiterwissen, ratlos sein
II 〈zählb.〉 weiser Spruch (Volks\Weisheit), weise Aussage, kluge Lehre ● deine \Weisheit(en) kannst du für dich behalten 〈fig.; umg.〉; das ist eine alte \Weisheit; das Buch steckt voller (feiner) \Weisheiten
[→ weise]

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Weis|heit , die; -, -en [mhd., ahd. wīsheit]:
1. <o. Pl.> auf Lebenserfahrung, Reife [Gelehrsamkeit] u. Distanz gegenüber den Dingen beruhende, einsichtsvolle Klugheit:
göttliche W.;
die W. des Alters;
das Buch der W./die W. Salomos;
die W. [auch nicht] mit Löffeln gefressen/gegessen haben (vgl. Löffel 1 a);
der W. letzter Schluss (1. die höchste Weisheit, Erkenntnis: dieses Weltbild hält er für der W. letzten Schluss. 2. ugs.; die ideale Lösung, die Lösung aller Probleme: das Sonnenhaus ist auch nicht der W. letzter Schluss; nach Goethe, Faust II, 11 574);
mit seiner W. am Ende sein (nicht mehr weiterwissen).
2. (durch Weisheit 1 gewonnene) Erkenntnis, Lehre; weiser Rat, Spruch:
eine alte chinesische W.;
das Buch enthält viele Weisheiten.

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Weisheit,
 
1) Philosophie: im Unterschied zur eher pragmatischen Klugheit und zu rein theoretischem Wissen eine ideale menschliche Grundhaltung, die auf einer allgemeinen Lebenserfahrung und auf umfassendem Verstehen und Wissen um Ursprung, Sinn und Ziel des Lebens sowie um die letzten Dinge gegründet ist. Diese Grundhaltung hat ihre Bedeutung unmittelbar in der Lebenspraxis, lässt sich somit nicht allein durch rationale und logische Vernünftigkeit definieren. Seit Platon wird die Weisheit zu den Kardinaltugenden gerechnet.
 
 2) Religionsgeschichte: Weisheitsliteratur, eine in den altorientalischen Religionen (Ägyptens, Mesopotamiens, Israels) verbreitete Literatur, in deren Zentrum v. a. Themen des zwischenmenschlichen Lebens und die Bewältigung praktischer Lebensaufgaben stehen. Von einem stark pädagogischen Impetus geleitet, wird in kurzen prägnanten Sprüchen oder in umfangreicheren Lehrreden Erfahrungswissen zusammengestellt und tradiert. Die Entstehung und Weitergabe der Weisheitsliteratur stand ursprünglich wohl mit den Bereichen der Erziehung in Familie und Sippe sowie der Ausbildung der Beamten in Zusammenhang. Kenntnis der Ordnungen und Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens und die entsprechende Ausrichtung des Verhaltens gelten als Bedingungen für ein gelingendes Leben. In Ägypten wurde die Fülle der Lebenserfahrung eines weisen Mannes zu gültigen Sinnsprüchen »geknotet« und als schriftliche »Lehre« für seine Schüler überliefert. Die ägyptischen Weisheitslehren reichen von 2600 v. Chr. (Imhotep, nicht erhalten) bis in römische Zeit (demotisches Weisheitsbuch) und werden im Alten Reich hohen Beamten, im Mittleren Reich auch Königen zugeschrieben (z. B. Ptahhotep und Amenemhet I.; ägyptische Kultur). Zur jüdischen Weisheitsliteratur gehören die alttestamentlichen Bücher Sprüche, Hiob, Kohelet, Jesus Sirach, Buch der Weisheit sowie einige Psalmen. Für die optomistische Grundhaltung der älteren jüdischen Weisheitsliteratur ist die Überzeugung bezeichnend, dass jedes Tun, ob gut oder böse, seine entsprechende Folge notwendig nach sich zieht. Die Erfahrung, dass dieser als von Gott gestiftet und garantiert angesehene Tun-Ergehen-Zusammenhang häufig scheitert, führte zu einer Krise und einer eher skeptischen Grundhaltung. Zudem wird eine Theologisierung der Weisheitsliteratur greifbar. Die Weisheit wird immer stärker als eigene Wesenheit vorgestellt, in hellenistischer Zeit wird sie zur Sophia, der präexistenten Weisheit Gottes, und verbindet sich in Teilen jüdischer, gnostischer und christlicher Tradition mit der Logosvorstellung.
 
Literatur:
 
H. D. Preuss: Einf. in die alttestamentl. W.-Lit. (1987);
 
Die W.-Bücher der Ägypter, übers. v. H. Brunner (21991);
 G. von Rad: W. in Israel (Neuausg. 1992).

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Weis|heit, die; -, -en [mhd., ahd. wīsheit]: 1. <o. Pl.> auf Lebenserfahrung, Reife [Gelehrsamkeit] u. Distanz gegenüber den Dingen beruhende, einsichtsvolle Klugheit: göttliche W.; die W. des Alters; Die einfache instinkthafte W. des Volkes wusste, dass ... derjenige Friede der beste war, der am frühesten geschlossen wurde (A. Zweig, Grischa 178); das Buch der W./die W. Salomos (Buch des A. T.); *die W. [auch nicht] mit Löffeln gefressen/gegessen haben (vgl. ↑Löffel 1 a); glauben, die W. [allein] gepachtet zu haben (ugs.; sich für besonders klug halten): die große Idee, dass keiner die W. allein gepachtet hat (Musil, Mann 1267); der W. letzter Schluss (1. die höchste Weisheit, Erkenntnis: dieses Weltbild hält er für der W. letzten Schluss. 2. ugs.; die ideale Lösung, die Lösung aller Probleme: das Sonnenhaus ist auch nicht der W. letzter Schluss; nach Goethe, Faust II, 11 574); mit seiner W. am Ende sein (nicht mehr weiterwissen). 2. (durch ↑Weisheit 1 gewonnene) Erkenntnis, Lehre; weiser Rat, Spruch: eine alte chinesische W.; das Buch enthält viele -en; ... über den Dichter, der seine -en und Meinungen in einen Becher lallte (Ransmayr, Welt 159); deine -en kannst du für dich behalten (spött.; ich brauche deine Ratschläge nicht); Ich für mein Teil halte es mit der volkstümlichen W., dass, wenn zweie dasselbe tun, es mitnichten dasselbe ist (Th. Mann, Krull 140).

Universal-Lexikon. 2012.