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Grimmelshausen
Grịmmelshausen,
 
Johann (Hans) Jakob Christoffel von, Pseudonym u. a. German Schleifheim von Sụlsfort, Erzähler, * Gelnhausen 12. 3. 1621, ✝ Renchen (bei Offenburg) 17. 8. 1676; Sohn protestantischer Eltern, die er früh verlor, vermutlich durch den Dreißigjährigen Krieg; besuchte die Stadtschule in Gelnhausen, seit 1634 in die Kriegswirren verwickelt; wurde kaiserlicher Dragoner, später Regimentsschreiber und zuletzt -sekretär; nach Kriegsende Gutsverwalter im Gebiet von Gaisbach; erlangte 1667 das Schultheißenamt in Renchen. Er konvertierte wahrscheinlich schon vor seiner Heirat (1649) zum katholischen Glauben. - Seine schriftstellerische Tätigkeit begann er 1658 unter verschiedenen Decknamen (die Pseudonyme wurden erst 1837 aufgelöst). Sein Hauptwerk ist der Roman in 5 Büchern »Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch« (1669; noch 1669 erschien eine 2. Auflage und die »Continuatio des abentheuerlichen Simplicissimi. ..« als 6. Buch), in urwüchsiger, zum Teil mit Dialekt durchsetzter Sprache. In diesem bedeutendsten deutschen Roman des 17. Jahrhunderts verarbeitete Grimmelshausen eine Reihe literarischer Vorlagen. Er folgte der Tradition des spanischen Schelmenromans, verwendete Motive aus C. Sorels »Wahrhaftige und lustige Historie vom Leben des Francion« (1623), aus P. Sidneys »Arcadia« (deutsch von M. Opitz, 1629), aus den Erzählungen G. P. Harsdörffers und aus der volkstümlichen Schwank- und Sagenliteratur. Die in Ichform erzählte Lebensgeschichte eines jugendlichen Abenteurers, eines »tumben Toren«, der sich anfangs arglos, dann gewitzigt, vom Glück hin- und hertreiben lässt, jedoch der Welt am Ende als Einsiedler entsagt, gestaltet Motive der Zeit- und Sittengeschichte (Dreißigjähriger Krieg), ist aber v. a. eine moralisch-satirische Allegorie vom Leben des Menschen in dieser Welt. In den einzelnen Stadien des Simplicius' Lebensweg zeigt Grimmelshausen in satirischer Verkehrung den Elementarzustand der Welt und des Menschen als Wandelbarkeit und Veränderlichkeit. Unbeständigkeit und Wahn der Welt sowie die Hoffnung auf Erlösung im Jenseits sind das immer variierte Thema auch der so genannten simplizianischen Schriften: »Trutz Simplex: oder Ausführliche und wunderseltzame Lebens-Beschreibung Der Ertzbetrügerin und Landstörtzerin Courasche« (1670), »Der seltzame Springinsfeld« (1670), »Der Ewig währende Kalender« (1670), »Des abenteuerlichen Simplicissimi ewig-währender Calender« (1671), »Das wunderbarliche Vogel-Nest« (1672).
 
Ausgaben: Werke, herausgegeben von H. H. Borcherdt, 4 Bände (1922); Werke, herausgegeben von S. Streller, 4 Bände (1960); Gesammelte Werke in Einzelausgaben, herausgegeben von R. Tarot u. a., 13 Bände (1-21967-84); Werke, herausgegeben von D. Breuer, auf mehrere Bände berechnet (1989 folgende).
 
Literatur:
 
G. Könnecke: Quellen u. Forschungen zur Lebensgesch. G.s, 2 Bde. (1926-28, Nachdr. 1977 in 1 Bd.);
 M. Koschlig: G. u. seine Verleger (1939, Nachdr. New York 1967);
 
Der Simplicissimusdichter u. sein Werk, hg. v. G. Weydt (1969);
 C. Stoll: H. J. C. v. G.: 1676-1976 (1976);
 
Simpliciana (Bern 1979 ff.);
 G. Weydt: H. J. C. v. G. (21979);
 V. Meid: G. (1984);
 C. Hohoff: J. J. C. v. G. in Selbstzeugnissen u. Bilddokumenten (14.-16. Tsd. 1987);
 P. Kabus: Verkehrte Welt. Zur schriftsteller. u. denker. Methode G.s. .. (1993).
 

Universal-Lexikon. 2012.