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Intuitionismus
Intuitionịsmus
 
der, -,  
 1) allgemein: Bezeichnung für die Lehren, die das Erkennen auf Intuition gegründet sehen oder dieser einen entscheidenden Anteil daran zumessen.
 
 2) Ethik: jene Lehren, die moralisches Handeln durch Rückführung auf ein unmittelbar evidentes, nicht weiter ableitbares intuitives Wissen um Gut und Böse erklären.
 
 3) Mathematik: eine der wichtigsten Positionen im Grundlagenstreit, die als Grundlage der Mathematik die »Urintuition« der natürlichen Zahlen ansieht. Hinsichtlich der anzuwendenden Methoden fordert der Intuitionismus eine Beschränkung auf konstruktive Verfahren. Was dies inhaltlich bedeutet, wird v. a. negativ charakterisiert: Abzulehnen sind die Anwendung des Prinzips vom ausgeschlossenen Dritten bei unendlichen Gesamtheiten und die indirekten Existenzbeweise der klassischen Mathematik. Diese Forderungen bedingen eine tief greifende Revision des Satzbestandes der klassischen Mathematik; so verwirft der Intuitionismus beispielsweise in der Analysis den Mittelwertsatz und in der Mengenlehre das Auswahlaxiom. Die Gesamtheit der reellen Zahlen existiert nach intuitionistischer Ansicht nicht als abgeschlossenes Ganzes, sondern bloß als »Medium freien Werdens«. Abzählbar-unendliche Mengen hingegen können konstruiert werden (somit ist der Intuitionismus kein Finitismus).
 
Der Intuitionismus geht auf L. E. J. Brouwer zurück, der 1907 das Programm des Intuitionismus entwarf. Brouwer fasste die Mathematik als schöpferische, nichtformalisierbare Tätigkeit auf (ähnlich der des Künstlers). Konsequenterweise lehnte er alle Axiomatisierungen der Mathematik ab. Einen prominenten Anhänger gewann der Intuitionismus vorübergehend in H. Weyl. Auch bei H. Poincaré und den »Halbintuitionisten« finden sich Ideen Brouwers wieder. In den 1930er-Jahren lieferte A. Heyting eine Axiomatisierung der intuitionistischen Mathematik und Logik.
 
Literatur:
 
A. Heyting: Intuitionism. An introduction (Neuausg. Amsterdam 1980);
 
Brouwer's Cambridge lectures on intuitionism, hg. v. D. Van Dalen (Cambridge 1981);
 H. Weyl: Philosophie der Mathematik u. Naturwiss. (51982);
 M. Dummett: Elements of intuitionism (Neuausg. Oxford 1985);
 L. E. J. Brouwer: I. (1992).

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In|tu|i|ti|o|nịs|mus, der; - [engl. intuitionism; gepr. von dem schott. Philosophen Th. Reid (1710-1796)]: 1. (Philos.) Lehre von der Intuition als wichtigster u. sicherster Erkenntnisquelle. 2. (Math.) innerhalb der mathematischen Grundlagenforschung vertretene Lehre, dass die Gesamtheit der natürlichen Zahlen intuitiv u. unableitbar gegeben sei u. dass sich die Gesamtheit der reellen Zahlen arithmetisch nicht bilden lasse.

Universal-Lexikon. 2012.