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Kohlenstofffasern
Kohlenstofffasern,
 
Carbonfasern, Fasern, die aus graphitähnlich miteinander verknüpften Kohlenstoffatomen aufgebaut sind. Die Herstellung erfolgt überwiegend aus textilen Fasern (z. B. Polyacrylnitrilfasern) oder Pechfasern. Durch Oxidieren der Textilfasern bei mittleren Temperaturen in einer speziellen Sauerstoffatmosphäre werden die Kohlenstoffringe (BSU, Abkürzung für englisch basic structural unit) miteinander vernetzt und die Fasern damit unschmelzbar. Die Faserdurchmesser werden im Wesentlichen durch die Sauerstoffdiffusion begrenzt (auf etwa 7 μm). Die molekulare Ordnung (LMO, Abkürzung für englisch local molecular order) wird durch den Grad der Ordnung der Grundstruktureinheiten bestimmt. Beispielsweise können die C-Ringe ohne oder mit Drehung um die z-Achse gestapelt sein, planare Bereiche bilden oder sich über die Seiten unter Kippwinkeln mit Nachbarzellen verbinden (Modell des zerknüllten Papiers). Bestimmte chemische Elemente an den Ringecken können die Ausbildung der LMO fördern oder beeinträchtigen. Bei hohen Temperaturen werden die Fasern gestreckt, mit dem Ziel, eine Umordnung der BSU zu größerer lokaler molekularer Ordnung zu ermöglichen. Die sich einstellende Vorzugsausrichtung der BSU unterstützt die bevorzugte Einleitung der äußeren Kräfte in die starken chemischen Bindungen, sodass die schwachen Bindungen zwischen den Ebenen kaum in Anspruch genommen werden. Die HT (Abkürzung für englisch high tenacity)- und die HM (Abkürzung für englisch high modulus)-Fasern zeigen Unterschiede in der lokalen molekularen Ordnung, die durch die Streckung verursacht werden. Der Grad der Graphitisierung steigt mit der Carbonisierungstemperatur. Bei Temperaturen bis etwa 1 600 ºC bilden sich Kohlenstofffasern mit sehr hohen Festigkeiten und Bruchdehnungen. Erhitzen auf 2 500-3 000 ºC führt unter bestimmten Voraussetzungen zu stark graphitierten Kohlenstofffasern mit sehr hohem Elastizitätsmodul und hoher Steifigkeit. HM-Fasern entstehen auch bei der Pyrolyse von Pechschmelzen, in denen das Graphitgitter vorgebildet ist (Kohlenstoffmesophase).
 
Aufgrund der ausgezeichneten mechanischen Eigenschaften, ihrer unter bestimmten Voraussetzungen (z. B. Einsatz in nicht oxidierenden Atmosphären) sehr guten Temperaturbeständigkeit, ihrer niedrigen Dichte und ihrer preisgünstigen Verfügbarkeit haben die Kohlenstofffasern insbesondere bei der Herstellung von Verbundwerkstoffen große Bedeutung erlangt (Eigenschaftsverbesserung, Gewichtseinsparung). So werden beispielsweise durch Tränken von Kohlenstofffaserbündeln (Rovings), Geweben oder dreidimensionalen Gebilden mit Polymeren (z. B. Phenolen oder Epoxidharzen) carbonfaserverstärkte Kunststoffe (CFK) hergestellt. Auch andere Verbundwerkstoffe werden mit Kohlenstofffasern als Verstärkungselementen erzeugt, z. B. C/C-Verbundwerkstoffe (carbonfaserverstärkte Carbonmatrix-Verbunde), carbonfaserverstärkte Ceramicmatrix-Verbundwerkstoffe, z. B. C/SiC (Siliziumkarbid)-Verbunde. Die zunächst für die Luft- und Raumfahrt entwickelten carbonfaserverstärkten Verbundwerkstoffe haben inzwischen eine immer breitere technische Anwendung gefunden, z. B. bei der Herstellung von Sportgeräten, Implantaten, Fahrzeugbremsen, Lagern und Hochtemperaturwärmetauschern.

Universal-Lexikon. 2012.