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Milošević
Milošević
 
[mi'lɔʃevitɕ], Slobodan, jugoslawischer Politiker, * Požarevac 29. 8. 1941; Serbe; Jurist; seit 1959 Mitglied des »Bundes der Kommunisten Jugoslawiens« (KP); als 1. KP-Sekretär in der Teilrepublik Serbien (1986-89) setzte er, nachdem er seine innenparteilichen Gegner ausgeschaltet hatte, mithilfe inszenierter Massenkundgebungen, u. a. am Vidovdan 1989, einen größeren administrativen und politischen Einfluss Serbiens in den ihm unterstellten autonomen Provinzen Kosovo und Wojwodina durch (Aufhebung der Autonomie 1989/90). Im Mai 1989 vom serbischen Parlament zum Staatspräsidenten Serbiens gewählt (1990 und 1992 bestätigt), seit 1990 auch Vorsitzender der Sozialistischen Partei Serbiens (SPS), trug Milošević durch seinen extrem serbisch-nationalistisch bestimmten Kurs hohe Mitverantwortung am Auseinanderbrechen Jugoslawiens (1989-91) und dem Einsatz militärischer Gewalt in den blutigen Kriegen in Kroatien sowie Bosnien und Herzegowina (1991-95); 1992 betrieb er erfolgreich den Zusammenschluss von Serbien und Montenegro zu einem neuen jugoslawischen Staat. Unter internationalem Druck zum Abkommen von Dayton (21. 11. 1995) und zum Frieden von Paris (14. 12. 1995) gezwungen, sah er sich wegen seines autoritär-repressiven Führungsstils von November 1996 bis Februar 1997 mit täglich stattfindenden Massenprotesten konfrontiert. Am 15. 7. 1997 zum Präsidenten Jugoslawiens gewählt, war Milošević hauptverantwortlich für die Eskalation der internationalen Kosovokrise (1998/99); im Mai 1999 wurde er vom Internationalen Kriegsverbrechertribunal für Jugoslawien in Den Haag wegen der Verbrechen im Kosovo angeklagt. Nach dem Wahlsieg des Kandidaten des Oppositionsbündnisses »Demokratische Opposition Serbiens« (DOS), V. Kostunica, bei den jugoslawischen Präsidentschaftswahlen vom 24. 9. 2000 wurde Milošević nach einer »friedlichen Revolution« (5. 10.) zur Anerkennung des Wahlergebnisses und zum Rücktritt gezwungen. Am 25. 11. 2000 sowie am 19. 12. 2001 wurde er noch einmal als Vorsitzender der SPS bestätigt.
 
Die neue Führung Jugoslawiens, v. a. Präsident Koštunica, verweigerte zunächst die Auslieferung von Milošević an das Internationale Strafgericht in Den Haag und beabsichtigte, ihn im eigenen Land juristisch zur Verantwortung zu ziehen. Am 1. 4. 2001 ließ ihn der serbische Ministerpräsident Z. Djindjić - nach einem Ultimatum der USA - festnehmen; am 28. 6. (Vidovdan) erfolgte die Auslieferung an das Kriegsverbrechertribunal. Die Ausweitung der Anklage Ende November 2001 auf Verantwortlichkeit für weitere Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien, besonders wegen des Bosnienkrieges (u. a. Massaker von Srebrenica), lehnt Milošević in zynischer Überheblichkeit ab. Der Prozess, Anfang 2002 auf einen einzigen wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen in Bosnien und Herzegowina, Kroatien und im Kosovo sowie Völkermord zusammengelegt, begann am 12. 2. 2002 und wird vermutlich bis 2003 dauern.
 
Literatur:
 
D. Doder u. L. Branson: M.. Portrait of a Tyrant. 1999.

Universal-Lexikon. 2012.