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Montenegro
Mon|te|ne|g|ro; -s:
Staat in Südosteuropa.

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Montenegro,
 
serbokroatisch Crna Gọra ['tsrnaː-, »schwarzes Gebirge«], Teilrepublik von Jugoslawien, grenzt im Südwesten an das Adriatische Meer, im Nordwesten an Bosnien und Herzegowina, im Nordosten und Osten an Serbien und im Süden an Albanien. Montenegro umfasst 13 812 km2 und hat (1993) 626 000 Einwohner. Die Bevölkerung besteht überwiegend aus Montenegrinern, ferner Albanern, Serben, Makedoniern und Angehörigen anderer Volksgruppen. Hauptstadt ist Podgorica (1994: 117 900 Einwohner).
 
Landesnatur:
 
Montenegro ist ein schwer zugängliches Gebirgsland. Hinter der Adriaküste erhebt sich steil das verkarstete Hochland des Dinar. Gebirges, mit dem Lovćen (1 749 m über dem Meeresspiegel) an der Küste und dem Durmitor (2 522 m über dem Meeresspiegel) im Inneren. Im äußersten Süden und nördlich des nach Albanien hineinragenden Skutarisees erstrecken sich kleine Niederungen. Die höher gelegenen Teile Montenegros haben raues Klima.
 
Wirtschaft:
 
Nur rd. 6 % der Fläche werden ackerbaulich genutzt; in den im Karsthochland ausgebildeten Becken (Poljen) und in den Niederungen werden Mais, Weizen, Tabak und Wein angebaut, an der Küste auch Zitrusfrüchte, Oliven u. Ä.; Weideflächen nehmen über 30 % der Fläche ein. Industriestandorte sind Nikšić und Podgorica (Metallurgie, Maschinenbau, Nahrungsmittel-, Textilindustrie). Der Hafen von Bar ist Endpunkt der 1976 in Betrieb genommenen Eisenbahnlinie von Belgrad. Fremdenverkehr haben die Küstenbadeorte Budva, Herceg-Novi, Petrovac, Sutomore, Sveti Stefan, Ulcinj sowie als kulturelle Anziehungspunkte Cetinje und Kotor. Im November 2000 ersetzte die Deutsche Mark bis zur Euro-Einführung als alleingültige Interimswährung den Neuen Dinar.
 
Geschichte:
 
In der Antike gehörte der Kern Montenegros zur römischen Provinz Illyricum und kam 395 zum Oströmischen Reich (Byzanz); im 7. Jahrhundert siedelten sich slawische Stämme an. Das Gebiet von Duklja (Diokleia) stand 7.-11. Jahrhundert unter byzantinischem Einfluss (Annahme des griechisch-orthodoxen Christentums). Im 12.-14. Jahrhundert war Montenegro (Zeta genannt) als Fürstentum Teil des altserbischen Reiches. Gegen die serbische Oberhoheit erhoben sich die Montenegriner mehrfach; seit Ende des 13. Jahrhunderts erscheint der serbische Name Crna Gora (Name Montenegro seit etwa 1500 von Venedig gebraucht). Nach dem Tod Stephan IV. Dušans (1355) fiel Montenegro, seit der Schlacht auf dem Amselfeld 1389 unabhängiges Fürstentum, an die Dynastie der Balšići (1356-1421) und an die Crnojević (1426-99 beziehungsweise 1516), die sich gegen die seit 1479 eindringenden Türken und die venezianische Herrschaft entlang der Adriaküste zu behaupten suchten; 1484 wurde die Hauptstadt nach Cetinje verlegt. Obgleich Montenegro 1499 formal, seit 1528 direkt als Sandschak dem Osmanischen Reich angegliedert wurde, konnten die Türken keine wirkungsvolle Kontrolle über die Bergregionen ausüben; die Bergstämme blieben unbesiegt. Die 1697 von Vladika (Metropolit) Danilo Petrović Njegoš (* 1672, ✝ 1735) eingeführte geistliche Herrschaft begründete durch den Übergang des Amtes vom Onkel auf den Neffen eine Erbdynastie. Während der Türkenkriege (1683-99, 1714-18) konnte der Vladika im Einvernehmen mit Venedig und Habsburg seine relative (faktische) Unabhängigkeit (seit 1685) erweitern und auch erste Kontakte zum russischen Zarenhof anknüpfen.
 
Sava (1735-81) gelang die innere Konsolidierung; Peter I. Petrović Njegoš (1782-1830) nahm an den Kriegen gegen die Türken (1788-91; 1789 Anerkennung Montenegros durch den Sultan) und gegen Napoleon I. (1806-14) teil, bereitete aber auch durch gesetzliche Maßnahmen (1798 neues Staatsrecht) und die Einigung rivalisierender Stämme die Staatsbildung vor. Peter II. Petrović Njegoš errang praktisch die Unabhängigkeit Montenegros; Danilo I. Petrović Njegoš (1852-60) legte 1852 die geistliche Würde nieder und proklamierte Montenegro bei Festlegung der Grenzen zum weltlichen, erblichen Fürstentum seines Hauses. Nikolaus I. Petrović Njegoš (1860-1918) konnte im Krieg gegen die Türkei (1876-77) und nach der Teilnahme am Russisch-Türkischen Krieg 1877-78 auf dem Berliner Kongress (1878) mit russischer Unterstützung die Anerkennung der Unabhängigkeit Montenegros erringen und Nikšić, Antivari sowie 1880 Ulcinj gewinnen. Obgleich er im Dezember 1905 eine Verfassung erließ und Montenegro 1910 zum Königreich erhob, regierte er weiter autokratisch; ökonomisch war Montenegro von Österreich-Ungarn abhängig geworden. Trotz wachsender Spannungen mit Serbien erreichte Nikolaus I. auf serbischer Seite in den Balkankriegen (1912/13) Gebietserweiterungen für Montenegro; der Eintritt in den Ersten Weltkrieg aufseiten der Entente (1914) führte nach der Kapitulation Montenegros 1916 zur österreichischen Besetzung. Am 1. 12. 1918 wurde Montenegro - nach Absetzung des Königs durch die Skupština (Parlament) im November - in das neu gebildete südslawische Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen einbezogen. Nach dem Zerfall Jugoslawiens 1941 besetzten italienische Truppen Montenegro, das sich unter italienischem Protektorat aus dem jugoslawischen Staatsverband löste (bis 1944; starke Widerstandsbewegung, bis Anfang Januar 1942 der Četnici, dann kommunistische Partisanen). Ab 1945 wieder zu Jugoslawien gekommen, wurde Montenegro (als Teilrepublik 1946 Volksrepublik, 1963 Sozialistische Republik) kommunistisch umgestaltet. Nach Großdemonstrationen wegen der wirtschaftlichen Probleme (u. a. 25 % Arbeitslosigkeit) traten Regierung und KP-Führung am 11. 1. 1989 zurück; am 28. 4. wurde Momir Bulatović (* 1928) KP-Chef von Montenegro, unterstützt vom serbischen KP-Chef S. Milošević. Bei den ersten demokratischen Wahlen seit 1945 errangen am 9./23. 12. 1990 die Kommunisten (seit Juni 1991 »Demokratische Partei der Sozialisten«, Abkürzung DPS; Schwesterpartei der serbischen SPS) eine Zweidrittelmehrheit; Vorsitzender des Präsidiums der Sozialistischen Republik Montenegro (später Präsident) wurde M. Bulatović (bis 1997). Nachdem sich die Mehrheit der Bevölkerung (95,9 % bei 66 % Beteiligung) in einem Referendum für den Verbleib in einem gemeinsamen Staat mit Serbien ausgesprochen hatte (1. 3. 1992), proklamierten Montenegro und Serbien am 27. 4. 1992 eine neue Bundesrepublik Jugoslawien (BRJ). Bei den Wahlen vom 20. 12. 1992 errang die DPS die absolute Mehrheit, bildete aber eine Koalitionsregierung mit der Nationalen Partei, der Liberalen Liga und der Sozialdemokratischen Reformpartei, die für den Erhalt der Souveränitätsrechte der Teilrepublik beziehungsweise für die Unabhängigkeit Montenegros eintreten. Bei den Republikwahlen vom 3. 11. 1996 siegte erneut die DPS. 1996/97 versuchte sich Montenegro zum Teil stärker von Serbien zu emanzipieren, u. a. durch die Wahl des mehr reformorientierten Ministerpräsidenten (seit 1989) Milo Djukanović (* 1963) als Nachfolger und Gegenkandidat von Bulatović zum Präsidenten (1997; Amtseinführung: unter blutigen Unruhen am 15. 1. 1998). Sein Parteienbündnis ging bei der Parlamentswahl am 31. 5. 1998 klar als Sieger hervor. Im Kosovokonflikt 1999 versuchte er sich von der Politik S. Miloševićs abzuheben (u. a. Aufnahme vertriebener Kosovaren), was die innerjugoslawischen Spannungen weiter zunehmen ließ (erneut 2000). Im November 2000 wurde die D-Mark zur alleinigen Währung in Montenegro erklärt (ab 1. 1. 2002: Euro).
 
Auch nach dem »friedlichen Wandel« in Jugoslawien ab Herbst 2000 behielt Montenegro unter Djukanović, trotz Warnungen seitens westlicher Politiker sowie der neuen jugoslawischen und serbischen Führung, seinen Kurs auf Unabhängigkeit von Serbien bei. Der Ausgang der Parlamentswahl in Montenegro im April 2001 führte jedoch nicht zu dem von Djukanović erwarteten klaren Votum für eine Unabhängigkeit Montenegros; sein Wahlbündnis »Sieg für Montenegro« erhielt mit 42 % der Stimmen nur eine knappe Mehrheit, die Gruppierung »Gemeinsam für Jugoslawien« um Bulatović kam auf 40,1 % der Stimmen. Obwohl der Präsident Jugoslawiens, Koštunica, ihn und die Regierung zu Verhandlungen über die Ausgestaltung der Beziehungen zu Serbien innerhalb der bestehenden Föderation aufrief, hielt Djukanović (zunächst) an seinem Plan zur Abspaltung von Serbien fest. An der Spitze einer Minderheitsregierung (ab Mai 2001) - mit parlamentarischer Unterstützung des für eine Loslösung von Jugoslawien eintretenden Liberalen Bundes - will er
 
Literatur:
 
M. Djilas: M. (New York 1963);
 
Istorija Crne Gore, bearb. v. M. Durović, 4 Bde. (Titograd 1967-81);
 C. Heer: Territorialentwicklung u. Grenzfragen von M. in der Zeit der Staatswerdung. 1830-1887 (Bern 1981).
 

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Mon|te|ne|gro; -s: Gliedstaat Jugoslawiens.

Universal-Lexikon. 2012.