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Protektorat Böhmen und Mähren
I
»Protektorat Böhmen und Mähren«
 
Das Jahr 1938 hatte Adolf Hitler auf einen Höhepunkt seiner Popularität im deutschen Volk geführt. Mit der Besetzung des entmilitarisierten Rheinlandes (1936), der Eingliederung Österreichs in das Deutsche Reich und der Loslösung des Sudetenlandes aus dem tschechoslowakischen Staatsverband hatte er Ziele der deutschen Außenpolitik, die darauf gerichtet war, die Beschlüsse des Versailler Vertrages zu revidieren, ohne größere politische Komplikationen und ohne Blutvergießen erreicht. Die überwiegende Mehrheit der Deutschen hielt ihn für einen außergewöhnlichen Staatsmann, dem anscheinend alles gelang.
 
Der kleinen Gruppe von Diplomaten und hohen Militärs, die das aggressive außenpolitische Vorgehen Hitlers seit längerem missbilligte, weil offenkundig war, dass ein neuer Krieg kaum zu vermeiden sein würde, war durch das Münchener Abkommen die Grundlage für eine offene Rebellion entzogen worden. Der britische Premierminister Chamberlain war davon überzeugt, Hitler mit einer zusätzlichen deutsch-britischen Nichtangriffserklärung fest in seine Appeasement-Politik eingebunden zu haben.
 
Hitler jedoch forderte bereits im November 1938 in einer Rede vor der deutschen Presse, dass das deutsche Volk auf den Krieg vorbereitet sein müsse. Zugleich ermunterte er die Slowaken, ihre Forderungen nach Selbstständigkeit gegenüber der gemeinsamen Staatsführung der ČSR zu verstärken. Das slowakische Parlament erklärte unter dem Druck Hitlers am 14. März 1939 die Unabhängigkeit. Der tschechoslowakische Staatspräsident Emil Hácha wurde während seines Besuches in Berlin zur gleichen Zeit von Hitler gezwungen, noch in der Nacht zum 15. März ein Abkommen zu unterzeichnen, das sein Land der Willkür des deutschen Aggressors überließ.
 
In derselben Nacht begann die Besetzung der Tschechoslowakei durch die deutsche Wehrmacht. Die tschechische Bevölkerung musste dem Einmarsch mit ohnmächtiger Wut schweigend zusehen. Am 16. März verkündete Hitler in Prag die Errichtung eines »Reichsprotektorats Böhmen und Mähren«. Die Slowakei wurde ein Satellitenstaat Deutschlands. Die Botschafter der Westmächte überreichten erst am 18. März in Berlin ihre formellen Protestnoten gegen den Bruch des Münchener Abkommens. Nun hatte Hitler endgültig das Vertrauen der westlichen Demokratien verspielt. Noch im März 1939 gaben Großbritannien und Frankreich ostentativ der polnischen Regierung für den Fall eines deutschen Angriffs eine Garantieerklärung.
II
Protektorat Böhmen und Mähren,
 
NS-Bezeichnung für die unter Bruch des Münchener Abkommens (29. 9. 1938) von A. Hitler im März 1939 ihrer Souveränität beraubten und dem Deutschen Reich (bis zum 8. 5. 1945) angegliederten Gebiete der »Rest-ČSR« (49 000 km2; 7,3 Mio. Einwohner). Der Protektoratsvertrag wurde vom tschechoslowakischen Staatspräsidenten E. Hácha und Außenminister František Chvalkovský (* 1875, ✝ 1944) unter starkem Druck Hitlers unterzeichnet (15. 3. 1939 Tschechoslowakei, Geschichte).
 
Literatur:
 
D. Brandes: Die Tschechen unter dt. Protektorat, 2 Tle. (1969-75).

Universal-Lexikon. 2012.