Renaissance und Humanismus
Renaissance bedeutet »Wiedergeburt« und meint die Wiederentdeckung der griechisch-römischen Antike als eines Ideals für Kunst, Literatur und Bildung gegenüber dem als »barbarisch« empfundenen Mittelalter. Ähnliche Bestrebungen hatte es bereits in weit geringerem Ausmaß in der karolingischen Renaissance und in der Renaissance des 12. Jahrhunderts gegeben. Doch nun strahlte der mit ihr verbundene Geist auf Religion, Politik, Recht, Medizin und Naturwissenschaften aus. Die Wiederentdeckung antiker Autoren wie Plato und Cicero, aber auch Augustinus, die kritische Hinwendung zu den Quellen (»ad fontes«) charakterisiert diese Bewegung. Von den sieben Freien Künsten (»Artes liberales«) schätzten die Humanisten besonders die Rhetorik, den Schwerpunkt der Fächer des »Triviums« (Dialektik, Grammatik, Rhetorik).
Letzten Endes förderte die Auseinandersetzung mit den Zuständen der eigenen Zeit in Verbindung mit den aus der Antike gewonnenen Idealen und Haltungen die Ansicht, die Verhältnisse mit Selbstbewusstsein und in Unabhängigkeit gestalten zu können. Der Humanismus brach mit den mittelalterlichen Vorstellungen einer universalen Einheit von geistlicher und weltlicher Herrschaft und betonte den Wert des Individuums.
Italien ging bereits seit dem frühen 14. Jahrhundert in der Entwicklung des Stadtbürgertums voraus, mit der Zeit kam es aber in ganz Europa zu einem Aufblühen des Städtewesens. Die neu entstehenden Fürstenhöfe, aber auch das Papsttum, wurden zu Förderern der Kunst. Obwohl eine größere Zahl der Renaissancekünstler und Humanisten dem geistlichen Stand angehörte, waren doch im Wesentlichen Laien Träger dieser geistigen Bewegung. Diese war nicht antichristlich, man besann sich vielmehr auf das antike Christentum. Die Florentiner Humanisten versuchten, den von ihnen hoch geschätzten Plato mit dem Christentum zu versöhnen. Cicero wurde als ein Schriftsteller verehrt, der christliche Ideale vertrat, auch wenn er nichts von Christus gewusst haben konnte. Ohne die Humanisten im Reich wäre eine so breite Aufnahme der Reformation kaum denkbar gewesen. Die Klöster, die lange Zeit Zentren von Bildung und Kultur gewesen waren, verloren an Bedeutung.
Die Renaissancekunst suchte in allen Bereichen eine Abkehr von den mittelalterlichen Stilrichtungen und nahm rationalistische Elemente wie die Zentralperspektive sowie Natur- und Modellstudien auf. Die Humanisten wirkten besonders im Bereich der Schulbildung. Bedeutende Humanisten waren Giovanni Pico della Mirandola (1463-94), Erasmus von Rotterdam (1469-1536) und Johannes Reuchlin (1455-1522). Bezeichnend für diese neben den Universitäten stehende Gelehrtenwelt war die aus der Antike übernommene Idee der Akademie (z.B. die Florentiner Academia Platonica).
Die Wirkungen von Renaissance und Humanismus sind vor allem langfristig zu bewerten, selbst wenn ihr unmittelbarer Einfluss auf Politik und Gesellschaft eher gering einzuschätzen ist: Das Ideal klassischer Bildung etwa wurde für Jahrhunderte prägend.
Universal-Lexikon. 2012.