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Retz
I
Rẹtz,
 
Stadt im Bezirk Hollabrunn, Niederösterreich, 264 m über dem Meeresspiegel, im nordwestlichen Weinviertel, 4 300 Einwohner; Bezirksgericht, Wein- und Obstbauschule, Zollamt; Heimat-, Stadtmuseum; altes Weinbauzentrum (ausgedehntes ehemaliges Weinkellersystem unter der Stadt; begehbar) mit jährlicher Weinmesse; oberhalb von Retz Windmühle (1772, bis 1901 in Betrieb; heute Industriedenkmal); Fremdenverkehr.
 
Stadtbild:
 
Gut erhaltenes altes Stadtbild; auf dem Hauptplatz das ehemalige Rathaus (v. a. 1568/69) mit der im Erdgeschoss eingebauten Marienkapelle (1367 erwähnt) und dem mächtigen Stadtturm (14.-17. Jahrhundert); zahlreiche spätgotische Bürgerhäuser mit Renaissance- oder Barockfassaden. Pfarrkirche Sankt Stephan (romanischer Kern, 1728 umgebaut); die frühgotische Dominikanerkirche (1447 geweiht, Klostergebäude aus dem 17. Jahrhundert) und das Schloss (17. Jahrhundert) liegen an der Umfassungsmauer (Tor- und Rundtürme erhalten).
 
Geschichte:
 
Neben dem 1180 erstmals urkundlich erwähnten Dorf Rẹczz (heute Retz-Altstadt) entstand 1279-90 die planmäßig angelegte und 1305 als Stadt bezeichnete Siedlung.
 
Literatur:
 
700 Jahre Stadt R. 1279-1979 (Retz 1979).
 
II
Retz
 
[rɛ, rɛs], Herzogstitel der aus der Toskana stammenden Familie Gondi, für die die bretonische Herrschaft Retz (im heutigen Département Loire-Atlantique) 1581 zur Pairie (mit dem Herzogtitel verbunden) erhoben wurde. Bekannt v. a.:
 
Jean-François Paul de Gondi [dəgɔ̃'di], französischer Politiker und Kardinal (seit 1652), getauft Montmirail (bei Épernay) 20. 9. 1613, ✝ Paris 24. 8. 1679; seit 1643 Koadjutor des Erzbischofs von Paris, 1654-62 dessen Nachfolger. Als entschiedener Gegner J. Mazarins ab 1648 einer der Führer der Fronde, wurde er 1652 gefangen gesetzt und entfloh 1654 ins Ausland. 1661 kehrte er nach Frankreich zurück, söhnte sich mit dem Hof unter Verzicht auf das Erzbistum Paris aus und wurde 1662 Abt von Saint-Denis. Seine wohl im gleichen Jahr begonnenen »Mémoires« (3 Bände, herausgegeben 1717) schildern die innerfranzösischen Ereignisse 1648-55 und sind, über ihren historischen Quellenwert hinaus, als literarisches Kunstwerk bedeutend.
 
Ausgaben: Mémoires, herausgegeben von M. Allem (1956); Œuvres, herausgegeben von M.-T. Hipp u. a. (1984).
 
Aus den Memoiren, herausgegeben von W. M. Guggenheimer (1964).
 
Literatur:
 
S. Bertière: La vie du Cardinal R. (Paris 1990).
 

Universal-Lexikon. 2012.