Akademik

Stephan
I
Stẹphan,
 
Herrscher:
 
 England:  
 1) Stẹphan (I.), S.Stephan von Blois [-blwa], englisch Stephen ['stiːvn], König (seit 1135), * um 1097, ✝ Dover 25. 10. 1154; Neffe Heinrichs I., kämpfte gegen dessen Tochter Mathilde und dann gegen ihren Sohn Heinrich Plantagenet jahrzehntelang um den englischen Thron, bis er 1153 Heinrich (II.) zu seinem Nachfolger ernannte. Stephan war der letzte Herrscher aus dem normannischen Königshaus.
 
 Moldau:  
 2) Stẹphan III., der Große, rumän. Ştefan cel Mạre ['ʃtefan tʃel-], Hospodar der Moldau (seit 1457), ✝ 2. 7. 1504; erreichte durch Siege über Matthias I. Corvinus (1467), über die Türken (1475), über Basarab III. von der Walachei (1481) und über die Polen (1497) die größte Machtstellung und einen kulturellen Aufschwung seines Landes (u. a. Bau einiger Moldauklöster), musste trotzdem ab 1489 dem Sultan Tribut leisten.
 
Literatur:
 
Ş. Papacostea: Stephen the Great. Prince of Moldavia, 1457-1504. .. (Bukarest 1981).
 
 Polen:  
 3) Stẹphan IV. Báthory [-ri], Fürst von Siebenbürgen (seit 1571), König von Polen und Großherzog von Litauen (seit 1575/76), * Şimleul Silvaniei 27. 9. 1533, ✝ Grodno 12. 12. 1586; entstammte einem siebenbürgischen Fürstengeschlecht; humanistisch gebildet, zeichnete er sich als Anhänger der Gegenreformation, hervorragender Feldherr und sparsamer Administrator aus. 1575 wurde er zum König von Polen gewählt und übernahm nach Ausschaltung seines Rivalen Kaiser Maximilian II. und der Heirat mit der Tochter Sigismunds I., Anna, 1576 die Regierung. Nach der Niederwerfung des aufständischen Danzig (1576/77) eroberte er in drei Feldzügen gegen den Zaren Iwan IV. Livland und Polozk zurück (Waffenstillstand von Jam Sapolskij 1582), konnte aber das Festsetzen Schwedens und Dänemarks im Baltikum nicht verhindern. Durch seine außenpolitischen Erfolge, seine gerechte Regierung und die Reform des Bildungs-, Finanz- und Heerwesens gilt Stephan als einer der bedeutendsten Herrscher Polens.
 
 Serbien:  
 4) Stẹphan IV. Dušan Uroš [- 'duʃan 'urɔʃ], König (seit 1331), Zar (seit 1346), * um 1308, ✝ Dabolis 20. 12. 1355; nutzte byzantinische Thronstreitigkeiten zu planmäßigen Eroberungen (1343 Albanien, 1345 Makedonien, 1348 Epirus und Thessalien) und errichtete ein serbisches Großreich; am 16. 4. 1346 wurde er in Skopje zum Zaren der Serben und Griechen gekrönt. Unter seiner Herrschaft wurde das serbische orthodoxe Erzbistum Peć zum Patriarchat erhoben und ein Gesetzbuch (Zakonik 1349/54) zusammengestellt. Nach seinem Tod zerfiel das Reich.
 
Ausgabe: Zakonik cara Stefana Dušana: Codex imperatoris Stephani Dušani: 1349 i 1354 (1960).
 
Literatur:
 
G. C. Soulis: The Serbs and Byzantium during the reign of tsar Stephen Dušan, 1331-1355, and his successors (Washington, D. C., 1984).
 
 5) Stẹphan Nẹmanja, Großžupan (Großfürst; etwa 1168-96), * Ribnica (heute Podgorica) um 1114, ✝ Kloster Chiliandariu (Athos) 13. 2. 1199 oder 1200; Begründer der serbischen Dynastie der Nemanjiden, musste als Herrscher von Raszien zwar 1172 die byzantinische Oberhoheit anerkennen, konnte sich aber nach dem Tod Kaiser Manuels I. 1180 unabhängig machen und sein Reich bis an die süddalmatinische Küste ausdehnen. Er verfolgte die Bogomilen und baute eine staatstragende Kirchenorganisation auf; 1196 dankte er zugunsten seines zweiten Sohnes ab und gründete mit seinem jüngsten Sohn Sava um 1198 das Athoskloster Chiliandariu. - Stephan ist einer der wichtigsten Heiligen der orthodoxen Kirche (Tag: 13. 2.).
 
Literatur:
 
Serb. MA. Altserb. Herrscherbiogr., Bd. 1: Stefan Nemanja. .., hg. v. S. Hafner (Köln 1962).
 
 Siebenbürgen:  
 6) Stẹphan Báthory [-ri], Fürst (1571-86), Stephan 3).
 
 Ungarn:  
 7) Stẹphan I., der Heilige, ungarisch István ['iʃtvaːn], Fürst (seit 997), König (seit 1000), * um 974, ✝ Gran 15. 8. 1038; Sohn des Fürsten Géza, seit 996 Ȋ mit Gisela, Schwester des späteren Kaisers Heinrich II.; vollzog mit der Errichtung eines an karolingischen Vorbildern anknüpfenden Staatskirchentums (um 1000 Gründung des Erzbistums Gran), der Ausschaltung der heidnisch-stammesfürstlichen Opposition und dem Aufbau einer zentralistischen Königsherrschaft den Anschluss Ungarns an das abendländische Europa. 1000 nahm er den Königstitel an und ließ sich am 25. 12., nach neuerer historischer Forschung vermutlich erst am 1. 1. 1001, mit einer angeblich vom Papst übersandten Krone (Stephanskrone) krönen. - 1083 von der lateinischen Kirche heilig gesprochen, wird Stephan in der katholischen Kirche als Patron Ungarns verehrt (Tag: 16. 8., in Ungarn: 20. 8.). Seit dem 20. 8. 2000 (Kanonisation durch den Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I.) erfährt er auch in der orthodoxen Kirche Verehrung als Heiliger.
 
Literatur:
 
T. von Bogyay: Stephanus Rex. Versuch einer Biogr. (Wien 1975);
 G. Györffy: König S. der Heilige (a. d. Ungar., Budapest 1988).
 
 8) Stẹphan V., ungarisch István ['iʃtvaːn], König (seit 1270), * 18. 10. 1239, ✝ Insel Csepel 6. 8. 1272; Sohn Bélas IV., war 1256-60 Statthalter in der Steiermark. Seit 1262 »jüngerer König«, lehnte er sich mehrfach gegen seinen Vater auf. Seine kurze Regierungszeit war von wechselvollen Kämpfen gegen König Ottokar II. Přemysl von Böhmen ausgefüllt.
 
II
Stẹphan,
 
Päpste:
 
 1) Stẹphan I. (254-257), ✝ Rom 2. 8. 257; forderte gegen Cyprianus von Karthago und die von nordafrikanischen Synoden seit 220 mehrfach bestätigte und im Osten verbreitete Praxis der Wiedertaufe von Häretikern die Gültigkeit des römischen Brauchs, eine Rekonziliation von Häretikern durch bloße Handauflegung vorzunehmen (Ketzertaufstreit). Zur Durchsetzung seiner Auffassung berief er sich auf Matthäus 16, 18 f. und wurde so zum ersten eigentlichen Vertreter des Anspruchs auf den Primat des Papstes, dem sich die übrigen Teilkirchen allerdings widersetzten. (Papsttum)
 
 2) Stẹphan (II.) (752), ✝ Rom 26. (25.?) 3. 752; röm. Presbyter. Wurde als Nachfolger Papst Zacharias' am 22. (23.?) 3. 752 erhoben, starb schon wenige Tage danach, noch vor der Bischofsweihe, sodass er im Mittelalter nicht als Papst galt. Bis 1960 wurde er jedoch in Papstkatalogen als Stephan II. gezählt, wodurch sich die Ordnungszahl der folgenden Päpste mit dem Namen Stephan verschob.
 
 3) Stẹphan II. (III.) (752-757), ✝ Rom 26. 4. 757; röm. Diakon. Im Zerwürfnis mit dem oströmischen Kaiser und in der schweren Bedrohung durch die Langobarden realisierte Stephan den Bund des Papsttums mit den Franken; 754 salbte er Pippin III., den Jüngeren, zum König und verlieh ihm den Titel Patricius Romanorum; nach zwei siegreichen Feldzügen gegen die Langobarden schuf Pippin mit der Pippinschen Schenkung (754/756) die Grundlage des Kirchenstaates.
 
 4) Stẹphan III. (IV.) (768-772), ✝ Rom 24. 1. 772; Sizilianer; wurde als Nachfolger Pauls I. mit fränkischer Unterstützung zum Papst gewählt, nachdem die ebenfalls zu Päpsten erhobenen Konstantin II. und Philippus zum Rücktritt gezwungen worden waren. Nach dem Tod Pippins III., des Jüngeren, versuchte Stephan durch ein Bündnis mit dem Langobardenkönig Desiderius gegen Karl den Großen zu opponieren, was zum Sturz der fränkischen Partei in Rom führte.
 
 5) Stẹphan IV. (V.) (816/817), ✝ Rom 24. 1. 817; Römer; stellte den Frieden mit Kaiser Ludwig I., dem Frommen, wieder her; erneuerte 816 in Reims das Bündnis Stephans II. von 754, salbte und krönte Ludwig zum Kaiser.
 
 6) Stẹphan V. (VI.) (885-891), ✝ Rom 14. 9. 891; Römer; im Verfall der karolingischen Macht krönte Stephan 891 notgedrungen Herzog Guido II. von Spoleto und Camerino zum Kaiser. Im Ringen des ostfränkischen und byzantinischen Reiches um die Slawenmission verbot Stephan den Weitergebrauch des Slawischen in der Liturgie.
 
 7) Stẹphan VI. (VII.) (896-897), ✝ Rom im August 897; Römer; Gegner des Papstes Formosus, über dessen Leiche er schauerlich Gericht hielt (Leichensynode); bald darauf gestürzt und im Gefängnis ermordet.
 
 8) Stẹphan VII. (VIII.) (928-931), ✝ Rom im Februar 931; Römer; blieb unter Marozia, die Rom und das Papsttum beherrschte, ohne Macht und Bedeutung.
 
 9) Stẹphan VIII. (IX.) (939-942), ✝ Rom im Oktober 942; Römer; völlig abhängig von dem italienischen Magnaten Alberich II. Er förderte die kluniazensische Reform in Rom und Mittelitalien und sandte Legaten nach Frankreich, um Frieden zwischen den Fürsten und König Ludwig IV. zu stiften.
 
 10) Stẹphan IX. (X.) (1057-1058), früher Friedrich von Lothringen, Florenz 29. 3. 1058; Bruder Herzog Gottfrieds II. von Lothringen, des mächtigsten Herrn in Italien nach dem Tod Kaiser Heinrichs III.; ab 1050 als Diakon, Bibliothekar und Kanzler der röm. Kirche in Rom; 1054 mit Humbert von Silva Candida und Petrus von Amalfi als päpstlicher Gesandter in Konstantinopel zur Abwendung des Morgenländischen Schismas (ohne Erfolg); Vertreter der (politisch maßvollen) frühen Phase der gregorianischen Reform.
 
III
Stẹphan,
 
1) Heinrich von (seit 1885), Organisator des deutschen Postwesens, * Stolp 7. 1. 1831, ✝ Berlin 8. 4. 1897; wurde 1870 Generalpostdirektor des Norddeutschen Bundes, 1876 Generalpostmeister des Deutschen Reichs, 1880 Staatssekretär des Reichspostamtes und 1895 Staatsminister. Mit organisatorischem Geschick überführte Stephan 1867 die Thurn- und Taxissche Post in den preußischen Staat, baute nach 1871 die Reichspost auf und setzte sich für eine einheitliche Postgesetzgebung ein. Auf Stephan gingen 1874 die Gründung des Weltpostvereins und 1875 die Vereinigung von Post und Telegrafie zurück. Wichtige technische Neuheiten wie 1870 die Postkarte und 1877 der Fernsprecher sind Stephan ebenso zuzuschreiben wie die Gründung des Reichspostmuseums (1872) und die Errichtung der Reichspost- und Telegraphenschule (1877).
 
 2) Rudi, Komponist, * Worms 29. 7. 1887, ✝ (gefallen) bei Ternopol 29. 9. 1915; studierte in Frankfurt am Main und München, stand in Kontakt mit M. Reger und komponierte in einem hoch chromatisierten, farbigen und formal unorthodoxen Stil die Oper »Die ersten Menschen« (1914), »Musik für sieben Saiteninstrumente« (1911), »Musik für Orchester« (1912), »Musik für Geige und Orchester« (1913), die Ballade für Bariton und Orchester »Liebeszauber« (1913, nach F. Hebbel) und 16 Lieder.
 
 3) Rudolf, Musikforscher, * Bochum 3. 4. 1925; 1967-90 Professor für Musikwissenschaft an der Freien Universität Berlin; zahlreiche Veröffentlichungen zur Musik des Mittelalters und des 18.-20. Jahrhunderts, u. a. »Neue Musik« (1958), Herausgeber des Lexikons »Musik« (1957), der »Veröffentlichungen des Instituts für Neue Musik und Musikerziehung Darmstadt« (1965-77 und 1987) und von »Die Wiener Schule« (1989), seit 1968 Mitherausgeber der Schönberg-Gesamtausgabe.

Universal-Lexikon. 2012.