volkswirtschaftliche Gesamtrechnung,
Abkürzung VGR, gesamtwirtschaftliches Rechnungswesen, volkswirtschaftliches Rechnungswesen, die kontenmäßige Erfassung der Güter- und Einkommensströme in einer Volkswirtschaft. Sie bezweckt, nach Abschluss einer Wirtschaftsperiode ein möglichst umfassendes, übersichtlich und gut gegliedertes quantitatives Gesamtbild des wirtschaftlichen Geschehens zu geben. Die VGR wird unterteilt 1) in die VGR im engeren Sinn, durch die Entstehung, Verwendung und Verteilung des Sozialprodukts ermittelt werden, und 2) in die so genannten Nebenrechnungen: gesamtwirtschaftliche Finanzierungsrechnung, Input-Output-Rechnung, gesamtwirtschaftliche Vermögensrechnung und Außenwirtschaftsrechnung. Trotz der Schwierigkeiten, z. B. die notwendigen Daten bei Haushalten (z. B. Nichterfassung der Hausarbeit) und Unternehmen zu erheben, ist die VGR ein umfassendes statistisches Instrument der Wirtschaftsbeobachtung und damit wesentliche Grundlage für gesamtwirtschaftliche Analysen und Prognosen, v. a. für die Konjunktur-, Wachstums- und Strukturpolitik. Als Indikator für Lebensqualität und Wohlstand besitzt die VGR nur eingeschränkten Aussagewert; Letzteres gilt auch für die Beziehungen zwischen Wirtschaft und Umwelt, weshalb eine spezielle umweltökonomische Gesamtrechnung entwickelt wurde. Grundlage der VGR ist die Kreislauftheorie, nach der die Wirtschaftseinheiten gemäß ihrem unterschiedlichen ökonomischen Verhalten idealtypisch zu den drei Wirtschaftssektoren Unternehmen, Staat sowie private Haushalte und private Organisationen ohne Erwerbszweck zusammengefasst (aggregiert) werden, die ihrerseits wiederum durch Güter-, Geld- und Leistungsströme miteinander verbunden sind. Beim Inlandskonzept werden die in den geographischen Grenzen der nationalen Volkswirtschaft (auch von Ausländern) erzielten Einkommen und getätigten Ausgaben erfasst; im Gegensatz dazu werden beim Inländerkonzept Einkommen und Ausgaben (auch im Ausland) von Wirtschaftseinheiten (Personen oder Institutionen) gerechnet, die ihren Wohnsitz im Inland haben. Da diese Geld- und Leistungsströme bei einer größeren Sektorenzahl nicht mehr anschaulich dargestellt werden können, werden die Zusammenhänge zwischen Produktion, Einkommensentstehung, -verteilung und -verwendung sowie den Finanzierungsvorgängen mit der Methode der Buchführung analysiert.
Die VGR ermöglicht es, die wirtschaftlichen Tätigkeiten und Vorgänge nach Sektoren getrennt auszuweisen. Das Kontensystem der vom Statistischen Bundesamt durchgeführten VGR umfasst zwei sektoral zusammengefasste Konten (das Güterkonto und das »zusammengefasste Konto der übrigen Welt«) sowie für jeden Sektor sieben weitere Konten (Produktions-, Einkommensentstehungs-, Einkommensverteilungs-, Einkommensumverteilungs-, Einkommensverwendungs-, Vermögensveränderungs- und Finanzierungskonto). Das Güterkonto zeigt, wofür die gesamten inländischen sowie die importierten Waren und Dienstleistungen verwendet werden, und zwar als Vorleistungen (intermediäre Verwendung) oder letzte Verwendung (privater Verbrauch, Staatsverbrauch, Investitionen sowie Export). Das Produktionskonto gibt an, wie sich die Produktionswerte auf Vorleistungen und die Bruttowertschöpfung aufteilen. Aus dem Einkommensentstehungskonto ergibt sich die Nettowertschöpfung (zu Faktorkosten), die durch Abzug der Abschreibungen und Produktionssteuern und Hinzurechnung der Subventionen von der Bruttowertschöpfung ermittelt wird. Im Einkommensverteilungskonto der jeweiligen Sektoren werden empfangene Einkommen hinzugerechnet beziehungsweise geleistete Einkommen abgezogen, woraus sich das Volkseinkommen ergibt. Das Einkommensumverteilungskonto, mit dem die empfangenen beziehungsweise geleisteten laufenden Übertragungen berücksichtigt werden, gibt Auskunft über die verfügbaren Einkommen eines Sektors. Das Einkommensverwendungskonto zeigt, wie das verfügbare Einkommen auf den privaten Verbrauch (Haushaltssektor) beziehungsweise den Staatsverbrauch (Staatssektor) und die Ersparnis aufgeteilt wird. Das Vermögensveränderungskonto zeigt in zusammengefasster Form die Vermögensbildung und ihre Finanzierung. Wie sich der Finanzierungssaldo aus Veränderungen von Forderungen und Verbindlichkeiten zusammensetzt, geht aus dem Finanzierungskonto hervor. Über das »zusammengefasste Konto der übrigen Welt« werden die Beziehungen zwischen In- und Ausland in das Kontensystem einbezogen.
A. Stobbe: Volkswirtschaftl. Rechnungswesen (81994);
D. Brümmerhoff: V. G. (51995);
F. Haslinger: V. G. (71995);
H.-P. Nissen: Makroökonomie, Bd. 1: Einf. in die v. G. (31995);
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung: Grundlagen
Universal-Lexikon. 2012.