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Wilhelm der Eroberer
Wilhelm der Eroberer
 
Mit Eduard dem Bekenner (1042-66) gelangte nach dem Zusammenbruch des von König Knut begründeten nordischen Großreiches wieder die westsächsische Königsdynastie zur Herrschaft. Aufgewachsen in der Normandie, pflegte der neue König auch nach seiner Rückkehr nach England enge Beziehungen zu seiner Exilheimat, indem er bevorzugt Normannen in hohe Staatsämter berief und indem er - selbst kinderlos - wahrscheinlich schon früh Herzog Wilhelm von der Normandie die Nachfolge in seinem Reiche zusicherte. Als König Eduard 1066 starb, wurde jedoch der mächtige Earl Harold, der eine Schwester des Königs geheiratet hatte, zum König erhoben. Außerdem meldete auch noch der norwegische König Harald Hardrade als Erbe Knuts eigene Thronansprüche an. Nachdem es Harold gelungen war, den norwegischen Rivalen, der mit Heeresmacht in Yorkshire eingefallen war, bei Stamfordbridge vernichtend zu schlagen, landete wenige Tage später Herzog Wilhelm mit einem Invasionsheer an der Südküste bei Pevensey.
 
In der Schlacht bei Hastings (14. Oktober 1066), deren Vorgeschichte und Verlauf anschaulich im Teppich von Bayeux dargestellt sind, entschied sich das Schicksal Englands auf lange Zeit: Harolds Fußtruppen unterlagen dem normannisch-französischen Ritterheer, Harold selbst fiel in der Schlacht. Damit war für Wilhelm der Weg frei, sich in Westminster zum König krönen zu lassen. Bei seiner Krönung versprach der neue König zwar, das Herkommen und die Gesetze seiner Vorgänger zu wahren und setzte damit ein deutliches Zeichen für Herrschaftskontinuität. Als bedeutsame Neuerung brachten die Eroberer jedoch mit dem kontinentalen Lehnswesen ein neues, in England bisher nicht bekanntes Herrschafts- und Organisationsprinzip mit, das das Verhältnis zwischen König und Adel einschließlich des höheren Klerus auf eine neue Grundlage stellte und durch die Einführung des vasallischen Ritterdienstes auch die Wehrverfas sung des Landes wesentlich modifizierte.
 
Mit der neuen Organisationsform wurden auch die bisherigen Besitzverhältnisse umgestaltet, da an die Stelle der angelsächsischen Großen jetzt die Gefolgsleute Wilhelms traten, die nicht nur in die hohen Kirchen- und Staatsämter einrückten, sondern auch fast alle Kronvasallen stellten, wie das 1086 im Auftrage König Wilhelms als Grundkataster angelegte Domesday Book erkennen lässt. Daneben griff Wilhelm jedoch auch auf das alte angelsächsische Verwaltungs- und Abgabensystem zurück. Aus der Verbindung der normannischen Feudalmonarchie mit den volksrechtlichen Traditionen des angelsächsischen Königtums wurde somit die Grundlage für eine dauerhafte monarchische Zentralgewalt geschaffen; das Land selbst wurde durch die normannische Eroberung endgültig dem romanischen Kulturkreis geöffnet.

Universal-Lexikon. 2012.