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Vorgeschichte
Prähistorie; Altertum; Frühgeschichte; Vorzeit; Urgeschichte

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Vor|ge|schich|te ['fo:ɐ̯gəʃɪçtə], die; -, -n:
1. das, was einem Fall, Vorfall, Ereignis o. Ä. vorausgegangen und dafür von Bedeutung ist:
die Vorgeschichte einer Krankheit; der Skandal hat eine lange Vorgeschichte.
2. <ohne Plural> Zeitraum in der Geschichte, der vor dem Beginn der schriftlichen Überlieferung liegt:
die Zeugnisse für die Besiedlung der Gegend reichen bis in die Vorgeschichte zurück.

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1-40 vorgeschichtliche (prähistorische) Fundgegenstände m (Funde m)
1-9 die Altsteinzeit (das Paläolithikum) und die Mittelsteinzeit (das Mesolithikum)
1 der Faustkeil aus Stein m
2 die Geschossspitze aus Knochen m
3 die Harpune aus Knochen m
4 die Spitze
5 die Speerschleuder aus der Geweihstange des Rentiers n
6 der bemalte Kieselstein
7 der Kopf des Wildpferdes, eine Schnitzerei
8 das Steinzeitidol, eine Elfenbeinstatuette
9 der Wisent, ein Felsbild n (Höhlenbild) [Höhlenmalerei f]
10-20 die Jungsteinzeit (das Neolithikum)
10 die Amphore [Schnurkeramik f]
11 der Kumpf [Hinkelsteingruppe f]
12 die Kragenflasche [Trichterbecherkultur f]
13 das spiralverzierte Gefäß [Bandkeramik f]
14 der Glockenbecher [Glockenbecherkultur f]
15 das Pfahlhaus, ein Pfahlbau m
16 der Dolmen, ein Megalithgrab n (ugs. Hünengrab); andere Arten: das Ganggrab, Galeriegrab; mit Erde, Kies, Steinen überdeckt: der Tumulus (das Hügelgrab)
17 das Steinkistengrab mit Hockerbestattung f (ein Hockergrab n)
18 der Menhir (landsch. Hinkelstein m, ein Monolith m)
19 die Bootaxt, eine Streitaxt aus Stein m
20 die menschl. Figur aus gebranntem Ton m (ein Idol n)
21-40 die Bronzezeit und die Eisenzeit; Epochen: die Hallstattzeit, La-Tène-Zeit
21 die bronzene Lanzenspitze
22 der Bronzedolch mit Vollgriff m
23 das Tüllenbeil, eine Bronzeaxt mit Ösenschäftung f
24 die Gürtelscheibe
25 der Halskragen
26 der goldene Halsring
27 die Violinbogenfibel, eine Fibel (Bügelnadel)
28 die Schlangenfibel; andere Arten: die Kahnfibel, die Armbrustfibel
29 die Kugelkopfnadel, eine Bronzenadel
30 die zweiteilige Doppelspiralfibel; ähnl.: die Plattenfibel
31 das Bronzemesser mit Vollgriff m
32 der eiserne Schlüssel
33 die Pflugschar
34 die Situla aus Bronzeblech n, eine Grabbeigabe f
35 die Henkelkanne [Kerbschnittkeramik f]
36 der Miniaturkultwagen (Kultwagen)
37 die keltische Silbermünze
38 die Gesichtsurne, eine Aschenurne; andere Arten: die Hausurne, die Buckelurne
39 das Urnengrab in Steinpackung f
40 die Zylinderhalsurne

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Vor|ge|schich|te 〈f. 19
I 〈zählb.〉 für einen Fall wichtige vorherige Begebenheit(en)
II 〈unz.〉 die Zeit vor Beginn der geschichtlichen Überlieferung; Sy Prähistorie, Urgeschichte

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Vor|ge|schich|te, die; -, -n:
1. <o. Pl.>
a) Zeitabschnitt in der Menschheitsgeschichte, der vor dem Beginn der schriftlichen Überlieferung liegt; Prähistorie:
die Funde stammen aus der V.;
b) Wissenschaft, die die Vorgeschichte erforscht; Prähistorie:
sie ist Expertin auf dem Gebiet der V.
2. das, was einem Fall, Vorfall, Ereignis o. Ä. vorausgegangen u. dafür von Bedeutung ist:
die V. der Krankheit ermitteln;
der Skandal hat eine lange V.

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Vorgeschichte,
 
Prähistori|e, Urgeschichte, 1) die Geschichte der Menschheit von den Anfängen bis zum Einsetzen schriftlicher Quellen; 2) Wissenschaftszweig (Vorgeschichtsforschung, prähistorische Archäologie), der sich der Erforschung und Interpretation aller sichtbaren beziehungsweise sichtbar zu machenden Überreste menschlichen Wirkens in diesem Zeitraum widmet.
 
Über Verbreitung und Abfolge der vorgeschichtlichen Kulturen im Einzelnen und ihre Beziehungen zueinander Afrika, Amerika, Australien, Britische Inseln, China, Hinterindien, Indien, Mittelamerika, Mitteleuropa, Mittelmeerraum, Nordamerika, Nordeuropa, Osteuropa, Sibirien, Südamerika, Südosteuropa, Vorderasien, Westeuropa.
 
Vorgeschichtliche Überreste wurden vereinzelt bereits in der Antike beachtet, jedoch nur selten (z. B. bei Thukydides) historisch interpretiert. In Europa erregten entsprechende Funde erstmals im 16. Jahrhundert unter dem Einfluss des Humanismus wissenschaftliches Interesse. Die systematische Erforschung der Vorgeschichte setzte im frühen 19. Jahrhundert ein. Der Däne Christian Jürgensen Thomsen (* 1788, ✝ 1865) begründete durch methodische Ordnung des Fundmaterials das Dreiperiodensystem: zwischen Stein- und Eisenzeit wies er eine Bronzezeit nach, was zwar schon seit Hesiod angenommen wurde, aber bis dahin als Mythos galt. Die Entdeckung der Pfahlbauten in der Schweiz seit 1853/54 erregte das Interesse weiter Kreise. 1859 wurde die These des Franzosen J. Boucher de Perthes, dass Menschen Zeitgenossen einer Tierwelt waren, die nach der bisherigen Theorie vor der Entstehung des Menschen existiert haben müsste, von den führenden britischen und französischen Gelehrten anerkannt. Erst damit war eine neue Zeitdimension gewonnen, die auch durch die wachsende Zahl der Funde notwendig wurde. Zwischen 1880 und 1912 wurden die noch heute gültigen chronologischen Systeme für die europäische Vorgeschichte, die seitdem nur verfeinert werden konnten, durch Gelehrte wie O. Montelius, P. Reinecke, H. Breuil geschaffen. Da aber die meisten für die Chronologie verwendeten Begriffe kulturelle Einheiten bezeichnen, sind sie entweder nur regional begrenzt gültig (z. B. Hallstattzeit) oder kommen in den einzelnen Regionen mit zeitlichen Verschiebungen vor. Die seit etwa der Mitte des 20. Jahrhunderts entwickelten naturwissenschaftlichen Methoden der Altersbestimmung ermöglichen es mehr und mehr, einen Überblick über gleichzeitige Vorgänge auch in den anderen Erdteilen zu gewinnen. Erst jetzt wird es durch eine globale Betrachtung der menschlichen Frühzeit möglich, die meist europazentrischen Geschichtsbilder abzulösen, die ohne Kenntnis der Vorgeschichte konstruiert wurden.
 
Nach der auf B. Franklin zurückgehenden Definition des Menschen als »Werkzeug herstellendes Lebewesen« beginnt das Forschungsgebiet der Vorgeschichte mit den frühesten mit einer bestimmten Technik für einen bestimmten Zweck hergestellten Werkzeugen, d. h. mit der Steinzeit, deren erste und längste Phase als Altsteinzeit (Paläolithikum) bezeichnet wird. Vor etwa 300 000 Jahren bildeten sich Regionalgruppen heraus, die auf stärkere Anpassung an Umweltunterschiede schließen lassen. Die besonders günstigen Lebensräume in den Tropen und Subtropen der Alten Welt waren offenbar so weit bevölkert, dass auch andere Räume erschlossen werden mussten. Vor etwa 50 000 Jahren waren anscheinend auch gemäßigte und weniger günstige Klimazonen Afrikas und Eurasiens bewohnt. Es folgte die Ausbreitung nach Australien und Amerika. Schon für die mittlere Altsteinzeit (Mittelpaläolithikum) lassen sich viele Regionalgruppen herausarbeiten, die in der jüngeren (Jungpaläolithikum) und späten Altsteinzeit (Spätpaläolithikum) noch stärkere Unterschiede aufweisen. Während man um 8000 v. Chr. in Europa im Wesentlichen noch in alten Lebensformen verharrte (Mittelsteinzeit), kam es im Bereich des Fruchtbaren Halbmonds zur Herausbildung produktiver Wirtschaftsformen, ein Prozess, der sich zeitverzögert über Kleinasien und die Balkanhalbinsel im übrigen Europa fortsetzte (Jungsteinzeit). Verbunden mit der Entwicklung der Landwirtschaft und der Domestikation von Tieren war eine Bevölkerungsvermehrung, die stadtartige Konzentrationen (z. B. Jericho) und damit die Entwicklung von Hochkulturen ermöglichte. Die frühesten historischen Staatenbildungen in Ägypten, Vorderasien, später auch in Indien und Ostasien waren von Kulturen getragen, die teils der Bronze- oder der Kupferzeit, teils einer Spätphase der Steinzeit zugeordnet werden müssen.
 
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
 
Archäologie · archäologische Landesaufnahme · Archäometrie · Ausgrabung · Bronzezeit · Eisenzeit · Hallstattkultur · La-Tène-Kultur · Siedlungsarchäologie · Stratigraphie · Typologie
 
Literatur:
 
Enzyklopäd. Hb. zur Ur- u. Frühgesch. Europas, bearb. v. J. Filip, 2 Bde. (1966-69);
 
Hb. der Urgesch., hg. v. K. J. Narr, 2 Bde. (Bern 1966-75);
 H. Müller-Karpe: Hb. der V., 9 Bde. (1-21968-80);
 H. Müller-Karpe: Einf. in die V. (1975);
 M. Brézillon: Dictionnaire de la préhistoire (Neuausg. Paris 1971);
 G. Gerlach u. R. Hachmann: Verz. vor- u. frühgeschichtl. Bibliogr. (1971);
 H. Kühn: Gesch. der V.-Forschung (1976);
 G. Clark: World prehistory in new perspective (Cambridge 31977), Nachdr. ebd. 1989);
 F. Felgenhauer: Einf. in die Urgeschichtsforschung (21979);
 
Bibliogr. zur Vor- u. Frühgesch. in der Bundesrepublik Dtl. u. Berlin (West), hg. v. F. Stein, auf mehrere Bde. ber. (1987 ff.);
 H. Schreiber: Auf den Spuren des frühen Menschen (1988);
 
Fischer-Weltgesch., Bd. 1: V., hg. v. M.-H. Alimen u. a. (86.-87. Tsd. 1990);
 
Illustrierte Vor- u. Frühgesch. Europas, hg. v. B. Cunliffe (a. d. Engl., 1996).
 
Zeitschrift: Hamburger Beitrr. zur Archäologie (1971 ff.).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Vorzeit: Spuren der Menschheit in vorgeschichtlicher Zeit
 

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Vor|ge|schich|te, die; -, -n: 1. <o. Pl.> a) Zeitabschnitt in der Menschheitsgeschichte, der vor dem Beginn der schriftlichen Überlieferung liegt; Prähistorie: die Funde stammen aus der V.; Die Zeugnisse über einen regelmäßigen Fernhandel reichen ... bis in die V. zurück (Fraenkel, Staat 135); b) Wissenschaft, die die Vorgeschichte erforscht, Prähistorie: sie ist Expertin auf dem Gebiet der V. 2. das, was einem Fall, Vorfall, Ereignis o. Ä . vorausgegangen u. dafür von Bedeutung ist: die V. der Krankheit ermitteln; der Skandal hat eine lange V.; Die großen Entdeckungen verlieren von ihrer Größe, wenn man sich mit ihrer V. befasst (Ceram, Götter 120).

Universal-Lexikon. 2012.