(in Mythos und Sage) große, katastrophale Überschwemmung als göttliche Bestrafung:
nach biblischer Überlieferung entgingen nur Noah und seine Familie der Sintflut.
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Sịnt|flut 〈f. 20; unz.; nach der Überlieferung der Bibel〉 von Gott herbeigeführte Überschwemmung der Erde infolge 40 Tage anhaltenden Regens als Strafe für die Menschheit, der nur Noah u. seine Familie entgingen [<mhd. sinvluot, ahd. sin(t)vluot, Vorsilbe mhd. sin(e)-, ahd. sin(a)- <got. sin- „immerwährend, gewaltig“; zu lat. semper „immer“ + Flut] Siehe auch Info-Eintrag: Sintflut - info!
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Sịnt|flut , die; -, -en [mhd., ahd. sin(t)vluot, unter Einfluss von ↑ Sünde zu mhd. sin(e)-, ahd. sin(a)- = immerwährend; gewaltig u. ↑ Flut]:
(in Mythos u. Sage) große, katastrophale [die ganze Erde überflutende] Überschwemmung als göttliche Bestrafung:
nach biblischer Überlieferung entgingen nur Noah und seine Familie der S.;
(emotional übertreibend:) alles stand unter Wasser, es war die reinste S.;
R nach mir die S. (was danach kommt, wie es hinterher aussieht, ist mir gleichgültig; nach dem Ausspruch der Marquise von Pompadour nach der Schlacht bei Roßbach [1757]: Après nous le déluge).
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Sintflut,
eine meist in mythologischen oder sagenhaften Zusammenhängen berichtete allgemeine urzeitliche Flut, die alles Leben auf der Erde vernichtet, mit einem Sintfluthelden (Noah, Deukalion), der auf oft wunderbare Weise überlebt. Flutsagen sind über die ganze Welt verbreitet. In der biblischen Sintflutgeschichte (1. Mose 6, 5-9, 17) sind zwei Fassungen der Sintflutsage redaktionell miteinander verzahnt (Jahwist und Priesterschrift). Nach ihr baute Noah auf Gottes Befehl ein Schiff (Arche), in dem er mit seiner Familie und einem Paar aller Tiere vor der Sintflut gerettet wird, die als Strafe die sündige Menschheit vernichten soll. Nach der Flut schließt Gott einen neuen Bund mit den Menschen (Noachiden). Den biblischen Fassungen am nächsten stehen die sumerisch-babylonischen Sintflutsagen (sumerische Ziusudra, babylonische Atrachasis beziehungsweise Utnapischtim in der 11. Tafel des »Gilgameschepos«).
Die Existenz außerbiblischen Sintflutsagen (z. B. bei Berossos) führte zur Frage nach literarischen Abhängigkeiten. Untersuchungen haben z. B. ergeben, dass die biblische Überlieferung auf altmesopotamischen Überlieferungen beruht. Die Frage nach der physikalischen oder archäologischen Nachweisbarkeit einer universalen Sintflut verkennt den literarischen Charakter der Flutsagen. Vielmehr haben lokal begrenzte Überschwemmungskatastrophen das Material für die Sintflutsagen in aller Welt gegeben, in denen sich die Erfahrung totaler Bedrohtheit der menschlichen Existenz schon in ältester Zeit Ausdruck verschafft.
Der biblische Glaube an die Sintflut war von wesentlichem Einfluss auf die Vorstellungen über die Entstehung von Gesteinen und Fossilien, v. a. im 17. und 18. Jahrhundert, nachdem die Deutung der Fossilien als Naturspiele widerlegt worden war. Sie wurden nun als Opfer der Sintflut erklärt, u. a. durch den englischen Physikprofessor John Woodward (* 1665, ✝ 1733) und J. J. Scheuchzer. Die später nicht mehr theologisch begründete Annahme, die Erde sei früher einmal insgesamt überflutet worden, verband sich dann mit der Theorie eines Urmeeres (Neptunismus) und der Katastrophentheorie 2). Als letzter Vertreter der geologischen Sintfluttheorie gilt vielfach der englische Theologe und Geologe William Buckland (* 1784, ✝ 1856) mit seinem Werk »Reliquiae diluvianae« (1823). Von ihm stammt auch die Bezeichnung Diluvium (»Überschwemmung«, »Sintflut«) für das Pleistozän.
In der bildenden Kunst wird die Sintflut in einer Miniatur der Wiener Genesis (6. Jahrhundert) wiedergegeben, die wohl von antiken Darstellungen der Durchquerung von Flüssen im Kampf abhängig ist. Das frühchristliche Kompositionsschema blieb Vorbild bis in das hohe Mittelalter (Mosaik vom Anfang des 13. Jahrhunderts; Venedig, San Marco). Neue Kompositionsformen entstanden im späten Mittelalter und in der Renaissance (P. Uccello, um 1446-50; Florenz, Santa Maria Novella), die bedeutendste wohl in Michelangelos Fresko in einem der Felder der Decke der Sixtinischen Kapelle (1508-12).
E. Suess: Die Sintfluth. Eine geolog. Studie (Prag 1883);
J. Riem: Die S. in Sage u. Wiss. (1925);
J. P. Lewis: A study of the interpretation of Noah and the flood in Jewish and Christian literature (Leiden 1968, Nachdr. ebd. 1978);
W. Blei: Erkenntniswege zur Erd- u. Lebensgesch. (Berlin-Ost 1981);
C. Westermann: Genesis, Bd. 1 (31983);
E. Zenger: Gottes Bogen in den Wolken. Unterss. zu Komposition u. Theologie der priesterl. Urgeschichte (21987).
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Sịnt|flut, die <o. Pl.> [mhd., ahd. sin(t)vluot, unter Einfluss von ↑Sünde zu mhd. sin(e)-, ahd. sin(a)- = immer während; gewaltig u. ↑Flut]: (in Mythos u. Sage) große, katastrophale [die ganze Erde überflutende] Überschwemmung als göttliche Bestrafung: nach biblischer Überlieferung entgingen nur Noah und seine Familie der S.; (emotional übertreibend:) alles stand unter Wasser, es war die reinste S.; R nach mir die S. (was danach kommt, wie es hinterher aussieht, ist mir gleichgültig; nach dem Ausspruch der Marquise von Pompadour nach der Schlacht bei Roßbach [1757]: Après nous le déluge); Ü die Flut des Jammers, die Flut der Tränen, die S. (Langgässer, Siegel 597); Die Einwohner kämpfen erfolgreich gegen die S. unseres Wohlstandsmülls (natur 6, 1991, 60); *eine S. von etw. (emotional übertreibend; eine [plötzlich auftretende] übermäßig große Menge, ein Übermaß von etw.): eine S. von Briefen, Angeboten; Eine S. von Licht schien über die Erde ausgegossen (Hauptmann, Thiel 29); es schwoll eine S. an von Gelächter, die alle Grundfesten unterwusch (Radecki, Tag 102).
Universal-Lexikon. 2012.