Akademik

Dynamismus
Dy|na|mịs|mus 〈m.; -; unz.〉
1. Lehre, dass alle Erscheinungen auf der Wirkung von Kräften beruhen
2. 〈bei traditionellen Völkern〉 Glaube, dass manchen Menschen u. Dingen übernatürliche Kräfte innewohnen
[→ Dynamik]

* * *

Dynamịsmus
 
der, -,  
 1) Philosophie: diejenigen philosophischen Theorien, die das Sein nicht statisch, sondern als Bewegtheit und Werden verstehen und die Wirklichkeit auf Kräfte und ihre Wirkungen zurückführen. Zur metaphysischen Erklärung des Werdens bildete Aristoteles die Begriffe »Dynamis« (Seinsmöglichkeit) und »Energeia« (Seinswirklichkeit) aus (Akt-Potenz-Lehre, Akt). In der aristotelischen Scholastik war der Dynamis-Begriff von großer Bedeutung. Ein metaphysischer Dynamismus findet sich v. a. bei G. W. Leibniz (Monade) und im deutschen Idealismus, auch bei A. Schopenhauer in seiner Deutung der »Welt als Wille und Vorstellung«. R. G. Boscovich entwickelte einen naturwissenschaftlich-theoretische Dynamismus, nach dem die materiellen Erscheinungen Wirkungen unausgedehnter Kraftzentren sind.
 
Literatur:
 
J. Reinke: Das dynam. Weltbild. Physik u. Biologie (1926);
 J. Stallmach: Dynamis u. Energeia. Unters. am Werk des Aristoteles zur Problemgesch. von Möglichkeit u. Wirklichkeit (1959).
 
 2) Religionswissenschaft: eine Theorie, die Ursprung und Wesen der Religion im Glauben an eine unpersönliche, universelle und übernatürliche Kraft sah. Der Dynamismus galt früher als Vorstufe des Animismus; deshalb bezeichnete man den Dynamismus auch als Präanimismus. Als theoretisches Konzept hat der Dynamismus. R. Otto und G. van der Leeuw beeinflusst.
 
Literatur:
 
G. van der Leeuw: Phänomenologie der Religion (41977);
 B. Gladigow: Kraft, Macht, Herrschaft, in: Staat u. Religion, hg. v. B. Gladigow: (1981).
 

* * *

Dy|na|mịs|mus, der; -, ...men: 1. <o. Pl.> (Philos.) Lehre, nach der alle Wirklichkeit auf Kräfte u. deren Wirkungen zurückgeführt werden kann. 2. <o. Pl.> (Völkerk.) Glaube mancher Naturvölker an die Wirkung unpersönlicher übernatürlicher Kräfte in Menschen u. Dingen. 3. a) <o. Pl.> Dynamik (2): politischer D.; Die EWG wird eingemauert und kann nichts mehr von jenem politischen D. beweisen, der sie einst so anziehend gemacht hat (Bundestag 18, 1968, 10 259); b) dynamisches Element, dynamischer Zug: sie können ... jene destruktiven Dynamismen ausleben, an die sie sich von Kindheit an gewöhnt haben (Josef Rattner, Aggression und menschliche Natur. Frankfurt a. M. 1973. S. 89).

Universal-Lexikon. 2012.