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Hüllkurve
Hụ̈ll|kur|ve 〈f. 19; Math.〉 = Enveloppe

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I
Hüllkurve,
 
beschreibt den Amplitudenverlauf eines Schallereignisses. Verbindet man die einzelnen Amplituden einer tonfrequenten Schwingung mit einer Linie, so erhält man eine »übergeordnete« (»einhüllende«) Kurve, die die Lautstärkekontur des Tons wiedergibt.
 
Bei Naturinstrumenten sind bestimmte charakteristische Hüllkurven durch die Eigenheiten des jeweiligen Klangerzeugungsprinzips und die spezifische Konstruktion des Instruments vorgegeben. Diese können jedoch durch die Intensität des Anblasens, Anreißens, Anschlagens oder Anstreichens in gewissen Grenzen manipuliert werden. Eine Hüllkurve lässt sich in drei grundlegende Phasen einteilen: Einschwingvorgang, quasistationäres Stadium und Ausschwingvorgang. Veränderungen der Lautstärke gehen dabei immer mit Veränderungen der Klangfarbe (Verschiebung des Obertonspektrums) einher. Deshalb ist vor allem das Ein- und Ausschwingverhalten und der damit verbundene Auf- und Abbau des Obertonspektrums charakteristisch für ein Instrument. Die Schwankungen der Amplitudenverhältnisse zwischen den einzelnen Obertönen (im Prinzip besitzt jeder eine eigene Hüllkurve) auch während der quasistationären Phase machen die Lebendigkeit im Klang eines Naturinstruments aus. Diese komplizierten Prozesse elektronisch nachzubilden wäre äußerst aufwendig (vergleiche Klangsynthese, Abschnitt additive Synthese). Einfache elektronische Musikinstrumente (z. B. verschiedene E-Orgeln) arbeiten ausschließlich mit Festregistern, also vorgegebenen Klangfarben und Hüllkurvenformen. In Synthesizern lässt sich die Hüllkurve mithilfe eines Hüllkurvengenerators (Envelope-Generator) zumeist in vier (bei modernen Systemen auch mehr) Abschnitten einstellen. Dennoch ist die Reduzierung der komplexen natürlichen Vorgänge auf die vier Parameter Attack, Decay, Sustain und Release (Hüllkurvengenerator) eine grobe Vereinfachung, zumal der festgelegte zeitliche Ablauf auf jeder Tonhöhe mit dem entsprechenden Obertonspektrum identisch reproduziert wird. Um trotzdem zu lebendigen, natürlich wirkenden Klangprozessen zu gelangen, bieten größere Synthesizer neben einem oder mehreren Modulationsgeneratoren zusätzliche Programmiermöglichkeiten wie Anschlagsdynamik, Aftertouch oder Fractional Level-Scaling (der zeitliche Ablauf wird der jeweiligen Tonhöhe angepasst, das heißt bei hohen Tönen beschleunigt). Beim Soundsampling (Sampling) nähert man sich durch mehrfaches Sampeln (Multisampling) einer Klangquelle auf verschiedenen Tonhöhen (z. B. im Quintabstand) dem Original an.
II
Hüllkurve,
 
diejenige Kurve, die sich ergibt, wenn man die Maximalwerte (oder die Minimalwerte) eines schnell oszillierenden Schwingungsvorgangs verbindet (man spricht manchmal auch von »einhüllender Kurve«). In der Funktechnik ist die Hüllkurve von Radiowellen von Interesse. Handelt es sich bei der Welle um eine amplitudenmodulierte Schwingung (Modulation), so gibt die Hüllkurve in etwa das ursprüngliche Schallsignal wieder. Im Audiobereich spielt die Hüllkurve einer Schallwelle u. a. beim Synthesizer eine Rolle, da diese wichtig für den psychoakustischen Klangeindruck ist.
III
Hüllkurve,
 
1) Elektroakustik: eine Kurve, die bei Verbindung der Amplituden einer amplitudenmodulierten Schwingung (Modulation) entsteht und als Abbild der Modulationsschwingung das Nachrichtensignal widerspiegelt. Zur Rückgewinnung der Signalinformation dient der Hüllkurvendemodulator, ein Diodendemodulator (Demodulator).
 
 2) Mathematik: andere Bezeichnung für die einhüllende Kurve.

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Hụ̈ll|kur|ve, die (Math.): Enveloppe (1).

Universal-Lexikon. 2012.