Re|vi|si|o|nịs|mus 〈[ -vi-] m.; -; unz.; abwertend〉
1. Bestrebung zur Änderung eines politischen Zustands, einer Verfassung
2. Richtung des Marxismus, die den Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus ohne Gewalt (Revolution) erstrebt u. so die Lehre von Marx revidiert
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1. Bestreben, eine Änderung eines bestehenden [völkerrechtlichen] Zustands od. eines [politischen] Programms herbeizuführen.
2. (innerhalb der internationalen Arbeiterbewegung) Richtung, die bestrebt ist, den orthodoxen Marxismus durch Sozialreformen abzulösen.
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Revisionịsmus
der, -, im weiteren Sinn Schlagwort für die Bemühungen, bestehende Verhältnisse, Verfassungen, Gesetzeswerke oder Staatsgrenzen zu verändern oder ideologische Positionen zu modifizieren, im engeren Sinn die Richtung in der internationalen Arbeiterbewegung um 1900, die zentrale Aussagen des Marxismus neu zu bewerten, zu revidieren suchte. Der Revisionismus wurde der historisch entscheidende Ansatz reformistischer Theorien innerhalb der Arbeiterbewegung. Insbesondere die von E. Bernstein entwickelte Theorie des Revisionismus stand im Gegensatz zu fundamentalen Thesen des orthodoxen Marxismus. Er stellte u. a. fest, dass die »Verelendung des Proletariats«, die »Konzentration des Kapitals« und die »Polarisierung der Gesellschaft in Unternehmer und Handarbeiter« (d. h. ein sich ständig verschärfender Klassenkampf) ausgeblieben seien. Der bestehende Staat sei weniger ein Ausdruck der Klassenherrschaft als ein Instrument für das Proletariat, die Gesellschaft im legalen Rahmen neu zu gestalten. Die durch den Druck von Arbeiterparteien und Gewerkschaften erreichten Sozialreformen zeigten, dass auch im Rahmen der bestehenden Gesellschaftsordnung Verbesserungen erreichbar seien. Bernstein forderte daher die Sozialdemokratie auf, sich nicht auf die Revolution vorzubereiten, sondern auf parlamentarischem Weg gesellschaftliche Reformen anzustreben und gegebenenfalls mit nichtsozialistischen Parteien zusammenzuarbeiten. In der SPD waren die Thesen Bernsteins lange Zeit umstritten (Revisionismusstreit). Von Rosa Luxemburg, K. Kautsky, Lenin u. a. auf das Heftigste bekämpft, bestimmte der Revisionismus jedoch immer stärkere Kreise der Sozialdemokratie, auch außerhalb Deutschlands. 1925 übernahm die SPD die Grundzüge des Revisionismus in ihr Heidelberger Programm. Die grundsätzliche Infragestellung marxistischer oder marxistisch-leninistischer Positionen im reformistischen Sinne gilt in kommunistischen Parteien als eine schwerwiegende Form der »Rechtsabweichung«.
B. Gustafsson: Marxismus u. R., 2 Bde. (a. d. Schwed., 1972);
E. Bernstein: Texte zum R. (1977);
H. Grebing: Der R. von Bernstein bis zum »Prager Frühling« (1977);
R. Hünlich: Karl Kautsky u. der Marxismus der II. Internationale (1981).
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Re|vi|si|o|nịs|mus, der; - (Politik): 1. Bestreben, eine Änderung eines bestehenden [völkerrechtlichen] Zustandes od. eines [politischen] Programms herbeizuführen: R. ist hier selbstverständlich als Streben nach einer Revision der Oder-Neiße-Grenze zu verstehen (Spiegel 34, 1984, 90). 2. (innerhalb der internationalen Arbeiterbewegung) Richtung, die bestrebt ist, den orthodoxen Marxismus durch Sozialreformen abzulösen.
Universal-Lexikon. 2012.