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Wilde
Wịl|de(r) 〈f. 30 (m. 29)〉
1. 〈abwertend〉 Angehörige(r) eines traditionellen Volkes auf niedriger Kulturstufe
2. 〈schweiz.; umg.〉 parteiloser Abgeordneter
● er schrie, gebärdete sich wie ein \Wilder 〈fig.〉 unbeherrscht, zornig, wütend

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Wịl|de , die/eine Wilde; der/einer Wilden, die Wilden/zwei Wilde:
1. (veraltend, noch abwertend) Angehörige eines Naturvolks.
2. (bes. in Bezug auf Kinder) weibliche Person, die sehr wild (5 d), temperamentvoll ist:
wie eine W./wie die Wilden (wie wild).

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Wilde
 
[waɪld], Oscar Fingal O'Flahertie Wills, irischer Schriftsteller, * Dublin 16. 10. 1854, ✝ Paris 30. 11. 1900; studierte in Dublin und Oxford, ab 1879 in London, wo er, auch aufgrund seiner extravaganten Lebensführung und seiner Pose als snobistisch-maliziöser Dandy, Eingang in die Gesellschaft fand. Nach literarischen Erfolgen unternahm er Vortragsreisen in Amerika und England. 1895 wegen Homosexualität zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt, ging er 1897 nach Paris und starb dort in ärmlichen Verhältnissen; kurz vor seinem Tod konvertierte er zum Katholizismus. - Wilde vertrat ein der französischen Décadence und W. Pater verpflichtetes Ästhetentum (L'art pour l'art). In diesem Sinne versucht der Protagonist seines Romans »The picture of Dorian Gray« (in: »Lippincott's monthly magazine«, 1890; deutsch »Das Bildnis des Dorian Gray«) sein Leben als Kunstwerk zu gestalten, scheitert aber an seinem Gewissen. In Wildes kunstvollen Märchen werden gesellschaftliche Missstände romantisch eingekleidet, doch zugleich sozialkritisch enthüllt (»The happy prince and other tales«, 1888; deutsch »Der glückliche Prinz und andere Erzählungen«). Ein ironisch gebrochenes Zeitbild entwerfen die Erzählungen (»The Canterville ghost«, in: The court and society review, 1887; deutsch »Der Geist von Canterville«, auch unter dem Titel »Das Gespenst von Canterville«). Wildes erfolgreiche Gesellschaftskomödien, die als Höhepunkt seines Schaffens gelten und an die Tradition der Comedy of Manners anknüpfen, leben vom geschliffenen Dialog, paradoxen Epigramm und geistreichen Witz, mit dem sie Denk- und Verhaltensmuster der Viktorianischen Ära glossieren (»The importance of being earnest«, 1893; deutsch »Ernst sein!«, auch unter dem Titel »Bunbury«). In seiner Schrift »The soul of man under socialism« (in: »The fortnightly review«, 1891; deutsch »Der Sozialismus und die Seele des Menschen«) wendet sich der Autor gegen das Privateigentum und entwirft die Utopie einer sozialistischen Gesellschaft freier, sich unbeschränkt verwirklichender Individuen. Der im Gefängnis geschriebene bekenntnishafte Brief »De profundis« (fragmentarisch 1905, bislang unveröffentlichter Teil 1913, vollständig 1949; deutsch auch unter dem Titel »Epistola. In carcere et vinculis«) sowie die Ballade »The ballad of Reading gaol« (1898; deutsch »Die Ballade vom Zuchthause zu Reading«) legen Zeugnis von persönlichem Leid ab und beschreiben die unmenschlichen Haftbedingungen.
 
Weitere Werke: Komödien: Lady Windermere's fan (1893; deutsch Lady Windermere's Fächer); A woman of no importance (1894; deutsch Eine Frau ohne Bedeutung); An ideal husband (1899; deutsch Ein idealer Gatte).
 
Tragödie: Salomé (französisch 1893, deutsch Salome; als Oper von R. Strauss, 1905).
 
Lyrik: Ravenna (1878).
 
Märchen: A house of pomegranates (1891; deutsch Das Granatapfelhaus).
 
Ausgaben: First collected edition of the works of O. Wilde, herausgegeben von R. Ross, 15 Bände (1908-22, Nachdruck 1969); Complete works (Neuausgabe 1966, Nachdruck 1990); Selected letters, herausgegeben von R. Hart-Davis (1979).
 
Sämtliche Werke, herausgegeben von N. Kohl, 10 Bände (1982); Werke, herausgegeben von R. Gruenter, 2 Bände (21985).
 
Literatur:
 
R. Omasreiter: O. W. Epigone, Ästhet u. »wit« (1978);
 N. Kohl: O. W. Das literar. Werk zw. Provokation u. Anpassung (1980);
 R. Italiaander: Der Fall O. W. (1982);
 P. Raby: O. W. (Cambridge 1988);
 P. Funke: O. W. (60.-62. Tsd. 1995);
 R. Gentz: Das erzähler. Werk O. W.s (1995);
 R. Ellmann: O. W. (a. d. Amerikan, Neuausg. 1997);
 K. Beckson: The O. W. encyclopedia (New York 1998).
 

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Wịl|de, der u. die; -n, -n <Dekl. ↑Abgeordnete> (veraltend, noch abwertend): Angehörige[r] eines Naturvolks: Der „edle W.“ findet seine Entsprechung in der „blonden Bestie“ faschistischer Provenienz (Amory [Übers.], Matten 184); *wie ein -r/wie eine W./wie die -n (ugs.; wie wild): Am vierten oder fünften Tag begann ich wie eine W. das Haus zu putzen (Grossmann, Liebe 58).

Universal-Lexikon. 2012.