So|zi|al|ge|richts|bar|keit, die:
Ausübung der Recht sprechenden Gewalt durch Sozialgerichte.
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Sozialgerichtsbarkeit,
von den fünf gleichgeordneten Gerichtsbarkeiten in Deutschland der Zweig der Rechtsprechung, der zur Entscheidung öffentlich-rechtlicher Streitigkeiten im Bereich des Sozialrechts berufen ist. Aufgrund des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) vom 3. 9. 1953 in der Fassung vom 23. 9. 1975 wurden die Sozialgerichte errichtet, die von der Sache her besondere Verwaltungsgerichte sind. Sie gewähren Rechtsschutz in Angelegenheiten der Sozialversicherung (einschließlich Alterssicherung der Landwirte und Kassenarztrecht), der Arbeitslosenversicherung und der übrigen Aufgaben der Bundesanstalt für Arbeit sowie der Kriegsopferversorgung (mit Ausnahme der Kriegsopferfürsorge); sie sind ferner zuständig für Streitigkeiten aus dem Soldatenversorgungs-, dem Zivildienst-, dem Bundesseuchengesetzen (Entschädigung bei Impfschäden), dem Gesammelten über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten und für bestimmte Streitigkeiten aus dem Schwerbehindertengesetz. - Der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit ist dagegen die Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten bei der Sozialhilfe, der Ausbildungsförderung und beim Lastenausgleich vorbehalten. Der Instanzenzug der Sozialgerichtsbarkeit ist dreistufig (Gericht, Bundessozialgericht).
Die in allen Instanzen mitwirkenden ehrenamtlichen Richter stammen aus dem Kreis der versicherten Arbeitnehmer und der Arbeitgeber (Sozialversicherung), der Kassenärzte und Krankenkassen (Kassenarztrecht) und der mit der Kriegsopferversorgung oder dem Schwerbehindertenrecht vertrauten Personen (Kriegsopfer- und Soldatenversorgung) und dem Kreis der Versorgungsberechtigten und Behinderten. Das Verfahren vor den Sozialgerichten ist kostenfrei, Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts haben für jede Streitsache, an der sie beteiligt sind, eine Gebühr zu entrichten. Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Prozessbeteiligten einander Kosten zu erstatten haben.
In Österreich entscheiden über sozialrechtliche Fragen vorerst die Organe der Sozialversicherungsträger durch hoheitlichen Verwaltungsakt (Bescheid). Wird die Gewährung einer Leistung abgelehnt, können gegen den Sozialversicherungsträger die Sozialgerichte angerufen werden; durch die Klagserhebung tritt der Bescheid außer Kraft. Die Sozialgerichte wurden durch das Arbeits- und Sozialgerichts-Gesetz 1985 als Teil der ordentlichen Gerichtsbarkeit unter Einbeziehung fachkundiger Laienrichter (Versicherten- und Arbeitgebervertreter) eingerichtet. Die Arbeitslosenversicherung, die Sozialhilfe und einzelne andere Bereiche unterliegen nicht der Sozialgerichtsbarkeit. Hier führt der Rechtsweg nach Erschöpfung des Instanzenzuges in der Verwaltung zum Verwaltungsgerichtshof. - In der Schweiz ist die Sozialgerichtsbarkeit als Zweig innerhalb der Verwaltungsgerichtsbarkeit ausgebildet. Verfügungen über Leistungen von Versicherungskassen können mit Rechtsmitteln letztinstanzlich dem Eidgenössischen Versicherungsgericht in Luzern zur Beurteilung vorgelegt werden.
J. Meyer-Ladewig: Sozialgerichts-Ges. (41991);
K. Niesel: Der Sozialgerichtsprozeß (21991);
L. Ostheimer u. a.: Die ehrenamtl. Richterinnen u. Richter beim Arbeits- u. Sozialgericht (91995).
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So|zi|al|ge|richts|bar|keit, die <o. Pl.>: Ausübung der rechtsprechenden Gewalt durch Sozialgerichte.
Universal-Lexikon. 2012.