Bernsteinstraßen,
in der Vor- und Frühgeschichtsforschung gebräuchliche Bezeichnung für angenommene Handelsrouten in Mitteleuropa, auf denen sich der Bernsteinhandel zwischen der Nord- und Ostseeküste und dem nördlichen Mittelmeerraum (Adria, Südfrankreich) abspielte; der Verlauf einer Bernsteinstraße wird jeweils durch die Kartierung von Bernsteinstraßenfunden (v. a. von »Bernsteinstraßendepots«) rekonstruiert.
In der Bronzezeit war die wichtigste Bernsteinstraße für Rohbernstein die Elbroute von Jütland mit den südwärts zu den Alpenpässen führenden Abzweigungen über Thüringen (Saale)/Bayern einerseits und Sachsen/Böhmen (Moldau) andererseits. Seit der frühen Eisenzeit wurde überwiegend eine östliche Route gewählt, auf der der samländische Bernstein über die untere Weichsel, Posen, Schlesien und Mähren nach Hallstatt und zur Adria gelangte. Im 1. und 2. Jahrhundert n. Chr. bezogen die Römer Rohbernstein über eine von einer römischen Expedition erkundete Bernsteinstraße, die, wie neuere Forschungen belegen, vom Handels- und Verarbeitungszentrum Aquileja ausgehend, über Carnuntum, Brünn, Olmütz, Ostrau, Lodz und Königsberg ins Samland verlief. Im Zeitalter der Völkerwanderung gelangte v. a. durch den Gotenzug der Ostseebernstein in neue Räume (Ukraine, Rumänien).
F. Freising: Die B. aus der Sicht der Straßentrassierung (1977).
Universal-Lexikon. 2012.