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Königsberg
Kö|nigs|berg:
früherer Name ↑ Kaliningrads.

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Königsberg,
 
Name von geographischen Objekten:
 
 1) Königsberg, 1815-1945 Regierungsbezirk der Provinz Ostpreußen, mit (1943) 13 148 km2 und (1939) 1,059 Mio. Einwohnern, Hauptstadt war Königsberg (Pr). Zu Königsberg gehörte bis 1919/20 (Versailler Vertrag) das Memelgebiet; 1945 kamen 6 384 km2 (im Norden) unter sowjetische und 6 764 km2 (im Süden) unter polnische Verwaltung. Die Abtretung an Polen beziehungsweise die Sowjetunion (seit 1992 Russland) wurde völkerrechtlich endgültig im Deutsch-Polnischen Grenzvertrag vom 14. 11. 1990 (in Kraft seit 16. 1. 1992) und im Deutsch-Sowjetischen Partnerschaftsvertrag (»Generalvertrag«) vom 9. 11. 1990 (in Kraft seit 5. 7. 1991) anerkannt (Oder-Neiße-Linie).
 
 2) Königsberg, heute russ.russisch Kaliningrạd, Stadt in Russland und Hauptstadt des Gebiets Kaliningrad (russische Exklave zwischen Litauen und Polen, 650 km vom russischen Kernland entfernt), die ehemalige Hauptstadt Ostpreußens, liegt beiderseits des Pregels, 7 km vor dessen Mündung ins Frische Haff, (1999) 430 000 Einwohner (1939: 372 200 Einwohner); Universität (1544 gegründet, Neugründung 1967; Kantmuseum), Hochschule für Fischereiwirtschaft, Seefahrtschule, Bernsteinmuseum (mit über 8 000 Exponaten). Führende Industriezweige sind Maschinenbau und Schiffsreparatur, Zellstoff-, Papier- und Holzindustrie sowie Fischverarbeitung. Das 15 100 km2 große Gebiet Kaliningrad (1999: 915 100 Einwohner), das den nördlichen Teil des früheren Ostpreußens umfasst, ist die 1995 gesetzlich festgelegte und 1996 von B. Jelzin bestätigte freie Handels- und Wirtschaftszone »Jantar« (Bernstein). Königsberg ist einer der wichtigsten Ostseehäfen Russlands (Pillau); zwischen Kiel beziehungsweise Mukran und Königsberg Fährbetrieb; internationaler Flughafen.
 
Stadtbild:
 
Die Innenstadt mit ihren historischen Gebäuden fiel 1944 zu 90 % der Zerstörung zum Opfer. Betroffen waren auch die Fachwerkspeicher (16.-19. Jahrhundert) am inneren Hafen, die neben denen von Danzig den größten erhaltenen Komplex dieser Art darstellten. Die Reste des Schlosses (ursprünglich Burg, begonnen 1287-92, Um- und Erweiterungsbauten bis ins 19. Jahrhundert) wurden 1969 gesprengt. Der Dom, 1325 als basilikaler Wehrbau begonnen und 1351-82 zur dreischiffigen Halle mit einschiffigem, gerade geschlossenem Chor und zweitürmigem Westbau (Türme 1333) umgestaltet, verfügte u. a. über zahlreiche Epitaphien (16./17. Jahrhundert); nach der Zerstörung 1944 wurde das Bauwerk mit deutscher Hilfe saniert; am Dom das Grab von I. Kant und ein Gedenkstein von Käthe Kollwitz für ihren Großvater Julius Rupp. Weitere Kirchen, meist Hallen- und Saalbauten in der Tradition der Deutschordensarchitektur, prägten das Stadtbild. Die Steindammer Kirche Sankt Nikolaus (1. Viertel des 14. Jahrhunderts, Westturm 15. Jahrhundert), eine der ältesten Kirchen der Stadt, wurde nach Zerstörung abgetragen; die Ruine der Altstädter Pfarrkirche (neu errichtet 1838-45 als gotisierender Backsteinbau nach Entwurf von K. F. Schinkel) konnte gesichert werden. Angelehnt an die ursprüngl. Formen erfolgte der Wiederaufbau der 1844-62 im Neurenaissancestil nach Entwurf von A. Stüler errichteten Neuen Universität. Das Gebäude der 1841 gegründeten Kunstakademie (Neubau 1913-16), deren bedeutendster Schüler L. Corinth war, beherbergt heute eine Schule. - Der Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg setzte um 1950 ein (Generalbebauungspläne), wobei man das Radial-Ring-System der Straßenanlagen beibehielt.
 
Geschichte:
 
An der Stelle einer prussischen Fliehburg legte der Deutsche Orden 1255 eine Burg an, die zu Ehren König Ottokars II. Přemysl von Böhmen Königsberg genannt wurde. Nach dem Untergang einer ersten Ansiedlung 1262 entstanden im Schutze der Burg drei Städte mit Culmer Recht, die Altstadt (1286), östlich davon der Löbenicht (1300) und auf der Insel im Süden der Kneiphof (1327), sowie ein Kranz von Vororten (»Freiheiten«). Königsberg lag am Treffpunkt zweier Handelsstraßen, die hier den Pregel überschritten und sich nach Norden in die Bernstein-, die Kurische und die Litauische Straße teilten. Königsberg wurde Sitz des Domkapitels im Bistum Samland, die (Marien-)Burg, zunächst Sitz eines Komturs, nach der Verlegung der Verwaltung des Deutschen Ordens nach Preußen (1309) Sitz des Ordensmarschalls. Um den Dom bildete sich ein eigener geistlicher Bezirk. Die drei Städte waren 1340 Mitglieder der Hanse.
 
1454 nahm Königsberg vorübergehend am Aufstand gegen den Orden teil. Nach dem Verlust der Marienburg (1457) wurde es Sitz des Hochmeisters, 1525 der preußischen Herzöge (bis 1618). Königsberg war ein Zentrum des geistigen (Universität) und literarischen Lebens (Königsberger Dichterkreis). Auch der Handel setzte sich im 16. und 17. Jahrhundert gegen Danzig durch. Dagegen war Königsberg nach 1618 nicht mehr ständige Residenz; 1701 und 1861 war Königsberg Krönungsstadt der preußischen Könige. Friedrich Wilhelm I. vereinigte die drei Städte 1724 zu einer Stadtgemeinde. Schon vorher mit Wällen umgeben, erhielt Königsberg 1843-64 eine starke Befestigung, die zu enger Bebauung der Innenstadt zwang. Erst seit 1920 konnte sich Königsberg ausdehnen und Vororte eingemeinden. 1894-1901 wurde der Hafen der Stadt (seit 1925 neuer Seehafen) durch den Königsberger Seekanal (42 km lang, 47,5 m breit, 8 m tief) im Frischen Haff mit seinem Vorhafen Pillau verbunden. Als Hauptstadt der Provinz Ostpreußen (1815-1945) war Königsberg deren kulturelles (Handelshochschule, Staatliche Kunstakademie, Konservatorium, Ostpreußische Verwaltungsakademie, Staatsarchiv, mehrere Museen, Opernhaus, Schauspielhaus, Rundfunksender u. a.) und wirtschaftliches Zentrum (Schiffs-, Waggon- und Landmaschinenbau, Holz- und Zellstoffindustrie), bekannt waren die Königsberger Bernsteinmanufaktur und das Königsberger Marzipan. - Im Zweiten Weltkrieg wurde die Stadt durch Luftangriffe (August 1944) und bei der Belagerung durch sowjetische Truppen (Januar bis April 1945) stark zerstört. 1945 kam Königsberg - bis dahin amtlich Königsberg (Pr) - unter sowjetische Verwaltung, seit 1946 Kaliningrad genannt. 1947/48 erfolgte die Aussiedlung der deutschen Bevölkerung (nur noch 25 000). Im Deutsch-Sowjetischen Partnerschaftsvertrag vom 9. 11. 1990 (in Kraft seit 5. 7. 1991) wurde die Zugehörigkeit zur Sowjetunion völkerrechtlich endgültig anerkannt. Anfang der 90er-Jahre kam es zur zunehmenden Ansiedlung von Russlanddeutschen aus ehemals sowjetischen Randgebieten in der Region Kaliningrad.
 
Die Albertus-Universität zu Königsberg, 1544 von Herzog Albrecht dem Älteren von Preußen gegründet, machte Königsberg zu einem Zentrum des geistigen Lebens; bedeutendster Lehrer war im 18. Jahrhundert I. Kant, der dort 1755-96 lehrte. Die »Albertina« (seit etwa 1860 übliche Bezeichnung der Universität) wurde 1945 aufgelöst, die Bestände der Bibliothek aus 685 000 Bänden gelangten weitgehend nach Göttingen. 1967 wurde die »Staatliche Universität von Kaliningrad« gegründet.
 
Literatur:
 
G. von Selle: Gesch. der Albertus-Univ. zu K. in Preussen (21956);
 W. Hubatsch: Die Albertus-Univ. zu K. in Preussen in der dt. Geistesgesch. 1544-1944, in: Dt. Universitäten u. Hochschulen im Osten, bearb. v. W. Hubatsch: u. a. (1964);
 F. Gause: K. in Preußen. Die Gesch. einer europ. Stadt (21987);
 F. Gause: Die Gesch. der Stadt K. in Preußen, 3 Bde. (21996).
 
 3) Königsberg, polnisch Chọjna [x-], Stadt in der Woiwodschaft Westpommern (bis 1998 in der aufgelösten Woiwodschaft Szczecin [Stettin]), Polen, 6 300 Einwohner; Nahrungsmittel-, Textilindustrie.
 
Geschichte:
 
Die 1244 erstmals urkundlich erwähnte Stadt Königsberg (Stadtrecht um 1255) reicht vermutlich auf eine slawische Burg des 10./11. Jahrhunderts zurück; fiel 1257, spätestens 1270, an die Markgrafen von Brandenburg. Bis 1945 hieß die Stadt amtlich Königsberg Nm. 1945 kam Königsberg unter polnische Verwaltung; die Zugehörigkeit zu Polen wurde durch den Deutsch-Polnischen Grenzvertrag vom 14. 11. 1990 (in Kraft seit 16. 1. 1992) anerkannt.
 
 4) Königsberg i. Bayern, Stadt im Landkreis Haßberge, Bayern, 276 m über dem Meeresspiegel, 4 000 Einwohner; Herstellung von Rohren und Leuchten.
 
Stadtbild:
 
Gut erhaltenes Stadtbild, am Markt das Rathaus (17. Jahrhundert) mit Rolandssäule von 1608 und die evangelische Pfarrkirche (1432 geweiht, im 19. Jahrhundert nach Brand erneuert).
 
Geschichte:
 
Königsberg erhielt 1358 Stadtrecht, 1400 fiel es als Exklave an Thüringen, nach Volksentscheid (1920) wurde es Bayern eingegliedert.
 

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Kö|nigs|berg: Hauptstadt der ehemaligen Provinz Ostpreußen.

Universal-Lexikon. 2012.